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Montag, 18. April 2016 06:49 Uhr

„Liebe zahlt sich aus!“ - Prominenter Kriminologe Prof. Dr. Christian Pfeiffer zum Thema Gewaltfreie Erziehung zu Gast in Holzminden „Liebe zahlt sich aus!“ - Prominenter Kriminologe Prof. Dr. Christian Pfeiffer zum Thema Gewaltfreie Erzie


Kreis Holzminden (red). Er ist einer der streitbarsten Kriminologen der Bundesrepublik, ein Provokateur mit gewagten Thesen. „Mehr Liebe – weniger Hiebe?“ lautete jetzt das Thema von Prof. Dr. Christian Pfeiffer in Holzminden. Mehr als 250 Interessierte kamen zu seinem Vortrag über gewaltfreie Erziehung anlässlich des 40-jährigen Bestehens der Opferhilfeorganisation Weißer Ring in den Stiebel Eltron Energy Campus.

Gemeinsam organisiert wurde die öffentliche Veranstaltung von der HAWK, dem Weißen Ring und der Stiftung zum Wohl des Pflegekindes. „Jedem Kind tut hin und wieder eine Tracht Prügel gut“, hieß es Ende der 1970er Jahre noch vielerorts in Deutschlands. 75, wenn nicht sogar 80 Prozent der Kinder wären damals, so Pfeiffer, noch regelmäßig geschlagen worden. In seiner eigenen Kindheit, in den 1940er und 1950er Jahren, hätte er das genauso erlebt. 1978 hörte der studierte Rechtswissenschaftler dann im Deutschlandfunk eine Rede. Astrid Lindgren erhielt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und sprach über gewaltfreie Erziehung. Ein Wendepunkt in der elterlichen Erziehungskultur kündigte sich an. „Niemals Gewalt“, Lindgrens Appell, wurde von da an auch Pfeiffers großes Thema.

„Wir kriegen zurück, was wir austeilen“: Seinen aktuellen Forschungsergebnissen stellte Pfeiffer eine frühere Argumentation voran: Wie lasse sich beeinflussen, wie es zukünftig den Alten der Gesellschaft geht? Durch die Erziehung der Jungen. Wer sein Kind schlage und misshandle, bekomme zurück, was er säe. Genauso wie diejenigen, die gut zu ihren Kindern sind. Kurzum: „Liebe zahlt sich aus!“

Viele positive Effekte durch Wandel der Erziehungskultur
In seiner Zeit als Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) zwischen 1988 und 2005 realisierte Pfeiffer zahlreiche Studien. Im Rahmen seines Vortrags zeigte er einige seiner Ergebnisse. Zum Beispiel sei die Zahl der Gewalttaten von Jugendlichen ab 14 in den vergangenen Jahren deutlich gesunken, insbesondere im Hinblick auf schweren Diebstahl. Genauso sei bei den noch jüngeren zwölf- bis 15-Jährigen ein enormer Rückgang extremen Alkoholkonsums zu verzeichnen. Worin diese positive Entwicklung begründet sei? Für Pfeiffer ganz klar im Wandel elterlicher Erziehungskultur. „Wir haben einen deutlichen Anstieg der Liebe“, formulierte er plakativ. Im Vergleich zweier Befragungen von 1992 und 2011 habe sich zum Beispiel gezeigt, dass der Anteil leichter und schwerer Gewalt durch Eltern deutlich zurückgegangen und dementsprechend der Anteil gewaltfreier Erziehung gestiegen sei.

„Wir prägen die Lebenszufriedenheit unserer Kinder“
Auch auf die Lebenszufriedenheit der Kinder habe die Erziehung einen enormen Einfluss, so Pfeiffer. Als Beleg zeigte er die Ergebnisse einer Befragung von mehr als 9.000 Neuntklässlern in 2013. Der alarmierende Befund: Von den Kindern, die mit schwerer Gewalt konfrontiert wurden, bezeichnete sich nur knapp jeder Zehnte als zufrieden mit dem eigenen Leben. Von denen, die zugewandte Eltern hatten und keine Gewalt erlebten, waren es dagegen mehr als 60 Prozent. Ebenfalls erschreckend: Die teilnehmenden Neuntklässler wurden nach Selbstmordgedanken gefragt. Unter denen, die schwere Gewalt erleben mussten, räumten rund 39 Prozent ein, sich mindestens manchmal damit auseinanderzusetzen. Unter denen, die eine gewaltfreie Erziehung genossen, waren es sechs Prozent.

Für Pfeiffer höre der Anspruch an gewaltfreie Erziehung längst nicht bei Staatsgrenzen auf und sei durchaus auch ein brennendes politisches Thema. Schließlich müsse jede Gesellschaft den Einfluss von Kindeserziehung verstehen, um sich positiv weiterzuentwickeln. „Mehr Liebe – weniger Hiebe?“, der Titel dieses Vortrags ist rückblickend also keinesfalls als Frage zu verstehen. Denn für Pfeiffer ist offensichtlich: „Es ist die Basis unserer Persönlichkeit, wie wir unsere Kindheit erleben.“ Ein wenig populistisch bis poetisch, aber dennoch ernst gemeint schloss er deshalb mit Zeilen des Liedermachers Reinhard May: „Liebe macht Dich unverletzbar, wie ein Bad in Drachenblut.“

Fotos: r

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