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Samstag, 13. Juni 2015 10:20 Uhr

Von 0 auf 100 in drei Sekunden: Die Welt aus der Vogelperspektive / Fliegen auf dem Ith (BP12) Von 0 auf 100 in drei Sekunden: Die Welt aus der Vogelperspektive / Fliegen auf dem Ith (BP12)

Holzen-Ith (rus). Es herrscht leichter Westwind am Nachmittag, der Himmel ist blau, nur ein paar kleine Wölkchen sind zu sehen, die Sonne strahlt - ideale Bedingungen also, um es heute zu wagen. Lockere Kleidung angezogen, raus aus der Halle gefahren und ein letzter Check durchgeführt. Nur wenige hundert Meter weiter, mitten auf der Wiese, ist es dann soweit. Rein ins Cockpit, das Seil wird eingeklinkt und gespannt, über Funk kommt das Go!

Jetzt schließt sich das Cockpit, die Seilwinde wirft den Motor an, der Bediener legt den Hebel um und mit jeder Menge Pferdestärken geht es los. Von 0 auf 100 Stundenkilometer in nur drei Sekunden beschleunigt das Segelflugzeug, gewinnt binnen weniger Sekunden mehrere Dutzende Meter an Höhe, bis es schließlich vom Haken der Seilwinde gelöst wird. Nun sind Pilot und seine nur knapp 400 Kilogramm leichte Maschine ohne Motor auf sich allein gestellt. Jetzt kommt es darauf an, in mehreren hundert Metern Höhe, die Thermik an den Hängen des Höhenzuges Ith und die vorherrschenden Winde gezielt zu nutzen, um sich weiter nach oben in den Himmel zu schrauben. „Ein Flug von fünf Stunden und mehr ist je nach Durchhaltevermögen des Piloten durchaus möglich“, erklärt ein Vereinsmitglied. Dabei steht der ganze Höhenzug Ith, von Holzen bis nach Lauenstein für das Fliegen zur Verfügung.

Der Ith als langgestreckter Höhenzug ist für seine guten Hang- und Thermikflugeigenschaften überregional bekannt. Bei gutem Wetter kann der rund 20 Kilometer lange West- und Osthang genutzt werden, der vor allem in den Herbstmonaten Piloten aus dem gesamten Bundesgebiet zum Hangflugtraining in den Landkreis Holzminden anzieht. Auch Wellenaufwinde bis in größere Höhen stellen am Ith keine Seltenheit dar und machen das Fliegen hier zu einem Erlebnis. Die Welt von oben sehen, aus einer völlig anderen Perspektive, ist doch schon ein schönes Hobby.

Doch apropos Hobby. Bis es endlich soweit ist, muss der angehende Pilot noch einiges lernen. Natürlich muss er flugtauglich, also gesund sein und eine mehrwöchige Ausbildung in Theorie und Praxis hinter sich bringen. Dabei muss er nicht nur ein Funksprechzeugnis ablegen, sondern sich auch in den Fächern Luftrecht, Navigation, Meteorologie und Technik bestens auskennen sowie über das Verhalten in besonderen Fällen und das persönliche Leistungsvermögen bestens Bescheid wissen. Nach den ersten Flügen mit Fluglehrer in einem Doppelsitzer folgen der erste Alleinflug und weitere Übungsflüge. Auch ein 50 Kilometer langer Streckenflug muss absolviert werden - mit einwandfreier Navigation, Berücksichtigung von Wind und Wetter und einem tadellosen Sprechfunk. Sind alle Anforderungen gemeistert, darf der Pilot mit seiner Lizenz fortan alleine fliegen und den Himmel erkunden. Schon ab 14 Jahren ist das Segelfliegen möglich, wenn die theoretische und praktische Luftfahrerscheinprüfungen erfolgreich bestanden sind. Etwas Mut, viel Zeit und auch eine gehörige Portion Verantwortungsbewusstsein gehören dazu, will man sich diesem Hobby widmen.

Und so ist es nicht verwunderlich, dass auch die Luftsportvereinigung (LSV) Ithwiesen mit sinkenden Mitgliederzahlen zu kämpfen hat. Das Hobby Fliegerei ist halt kein kleines, viele verbringen ihre Freizeit oft stunden- oder sogar tagelang auf dem Flugplatz - ein Wochenende ist da schnell vorbei. In der heutigen schnelllebigen Zeit also ein eher selten gewordenes Hobby. Doch mit rund 80 Vereinsmitgliedern und knapp 30 aktiven Fliegern ist beim LSV auf den Ithwiesen noch gut was los. Vereinsmitglieder stehen zu jeder Zeit zur Verfügung, wenn sich jemand für das Mitmachen interessiert. Gerne ist auch hier neuer Nachwuchs gesehen.


Dies ist ein Artikel aus unserem Printmagazin Blickpunkt Ausgabe Nr. 12 (Juni/Juli 2015). Mehr HIER.

Fotos: rus

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