„Wir fordern eine lückenlose Aufklärung“: Große Diskussionen um umstrittenen Polizeieinsatz in Holzminden [mit umfangreichem VIDEOBEITRAG]
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- Kategorie: Region Aktiv
- Veröffentlicht: Sonntag, 29. Dezember 2013 15:02
Holzminden (rus/wbn). Eine Stadt hält gewissermaßen den Atem an: Warum musste Emrah K. sterben? Ein stattliches Aufgebot von Trauernden gedachten mit einem großen Trauermarsch am gestrigen Sonnabend dem 29-Jährigen, der bei einem SEK-Einsatz der Polizei wenige Tage vor Weihnachten von tödlichen Schüssen getroffen worden war. Auf einem Flugblatt wurde die Kernfrage gestellt: "Wieso war ein im Nahkampf trainiertes, mit Tränengas bewaffnetes fünfzehnköpfiges SEK-Team unfähig, einem psychisch labilen Menschen ein Messer abzunehmen ohne ihn dabei zu töten?"
Ein Redner machte während der Veranstaltung deutlich, dass die Kritik weniger der Polizei in Holzminden gegolten habe, als vielmehr der Vorgehensweise der Spezialkräfte von außerhalb.
Und tatsächlich ist es längst nicht mehr ein regionales Thema, beschäftigt es nun auch viele andere Medien bundesweit und sogar im Ausland. In den sozialen Netzwerken, insbesondere in diversen Facebook-Gruppen, wird heftig diskutiert und gestritten, werden beide Seiten von Polizei und Angehörigen verteidigt und gefestigt. Doch was tatsächlich zu diesem Schicksal des Holzmindeners führte, wird nun gerichtlich geklärt werden müssen. "Wir haben bereits zwei Anwälte beauftragt und warten nun ab, was die weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergeben", so einer der Teilnehmer am Trauermarsch, die Emrah K. nahe standen und den Vorfall immer noch nicht fassen können. In einem umfangreichen Nachrichtenvideo der Weser-Ith News in Kooperation mit den Weserbergland-Nachrichten.de sowie der HPTmedia.tv mit vielen Stimmen und Eindrücken nehmen die Betroffenen auch noch einmal vor der Kamera Stellung zu dem Vorfall.
Dass Emrah Kara psychisch krank war, ist dabei auch für die Kritiker unstrittig. Ein Arzt und Versammlungsteilnehmer aus Koblenz erläuterte gestern die Schwere der Erkrankung. Emrah Kara habe an Schizophrenie gelitten und seine Medikamente abgesetzt. Es hätte "100 andere Wege" gegeben, ihn zu überwältigen, hieß es auf Flugblättern, die auch an die deutsche Bevölkerung verteilt worden waren. Nach Ansicht vieler Demonstranten hätte der psychisch kranke "Bruder", der sonst niemanden etwas zu Leide getan habe, heute noch leben können. Redner wie Ümüt Bayer, Vorsitzender der türkisch-islamischen Gemeinde Holzminden, forderten deshalb eine lückenlose Aufklärung des Falles, unter dem das Vertrauen in die deutsche Polizei stark gelitten habe. Auch von der Politik im Kreis Holzminden sind sie enttäuscht, Ümüt Bayer: "Keiner der Politiker hat angerufen, sein Beileid bekundet oder sich bei der Familie blicken lassen. Doch vor den Wahlen klingelt es regelmäßig an den Türen unserer Gemeinde."