“Timon aus Athen” - Groteske. Geld. Krise bremer shakespeare company im Weserrenaissance Schloss Bevern
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- Kategorie: Region Aktiv
- Veröffentlicht: Montag, 06. Juni 2011 10:20
Die Archaik menschlichen Wohls und Wehs in „Timon aus Athen“ lässt vermuten, dass Shakespeare das Stück in Rohfassung hinterließ – Henry Purcell nahm möglicherwiese gerade aufgrund dieser bestürzenden, tiefgreifenden Archaik den Text Shakespeares als Grundlage seiner Opernfassung.
„Geld ist der beste Köder, um nach Menschen zu fischen“, konstatierte einst der Shakespeare-Zeitgenosse Thomas Fuller. Das Textfragment des Dramas „Timon aus Athen“ zeigt eine degenerierte Gesellschaft, in der einzig das Geld regiert und das gesamte Leben von Krediten - aufgenommenen, gewährten und verweigerten - bestimmt wird. Man schwelgt in Dekadenz und scheinbarer Sorglosigkeit, bis die große Spekulationsblase platzt. Einer der Leidtragenden ist Timon. Insolvent, von der Gesellschaft verstoßen, sucht er sein Heil fernab der verlogenen Zivilisation in misanthropischer Einsamkeit. Nachdem er, auf der Suche nach Essbarem in der Erde wühlend, einen Goldschatz gefunden hat, nutzt er den plötzlichen Reichtum und beginnt, seinen Hass auf die falschen Freunde in einen gut finanzierten, perfiden Rachefeldzug umzumünzen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschaftskrise wird Shakespeares Drama zum verstörenden Spiegelbild unserer heutigen Welt und stellt mittels grotesk überhöhter Theaterbilder die Frage: Gibt es eine Alternative zur alles beherrschenden Gier nach Macht und Reichtum? Und wenn ja, welche?
„Die bremer shakespeare company liefert ein Stück, das berührt, erheitert, vor allem jedoch durch seine Zeitlosigkeit besticht. Zwei Stunden vergehen wie im Flug, weil Sebastian Kautz’ Inszenierung mit fantastischen Bildern arbeitet. Ein kurzweiliges, tiefsinniges Stück, das der allumgreifenden Krise ein Gesicht gibt“, schrieb der Weser-Kurier kürzlich zur Erstaufführung im eigenen Haus der Company in Bremen. Und die taz bescheinigte: „Das Stück ist keine Tragödie. Eine Komödie ist es deshalb aber noch lange nicht: Die shakespeare company zeigt das Stück furios als unentrinnbaren Kreislauf der Krisen. Ohne ihm zu entrinnen scheidet Timon aus dem Kreislauf der Krisen aus, als er ihn unterbrechen, also vernichten will. Das hat etwas von Holzhammer. Aber ein Holzhammer ist ein höchst effektives Werkzeug, wenn’s darum geht, den Nagel auf den Kopf zu treffen. Eine mutige Stückwahl, eine mutige Aufführung, ein furioser Abend.“
Unter der Regie und im Bühnenbild von Sebastian Kautz spielen Frank Auerbach, Svea M. Auerbach, Gunnar Haberland, Peter Lüchinger, Michael Meyer und Petra Janina Schultz – eine Darstellerriege aus Bremen also, die den regelmäßig wiederkehrenden Theaterbesuchern in Bevern eindrucksvolle Erinnerungen gewesener Theatersternstunden in den Sinn kommen lassen.
Die Aufführung in Bevern wird unterstützt vom Landschaftsverband Südniedersachsen und dem Freundeskreis Schloss Bevern e.V. Bei ungünstiger Witterung findet „Timon aus Athen“ in der Stadthalle Holzminden statt (Infotelefon am Aufführungstags: 05531 994010). Karten gibt’s ab 18. 5.2011 im Kulturzentrum Weserrenaissance Schloss Bevern (Telefon 05531 994018), in der Erlebniswelt Renaissance (05531 1216436) im Weserrenaissance Schloss Bevern sowie im Kulturamt der Stadt Holzminden (05531 936440). Die Abendkasse öffnet am Konzerttag um 18 Uhr. Weitere Informationen zu den Veranstaltungen im Kulturzentrum Weserrenaissance Schloss Bevern gibt’s im Internet unter www.schloss-bevern.de.