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Mittwoch, 26. Oktober 2016 18:04 Uhr

Opfer waren unvorstellbaren Torturen ausgesetzt: Anklageschrift offenbart schreckliche Details im Fall Bosseborn Opfer waren unvorstellbaren Torturen ausgesetzt: Anklageschrift offenbart schreckliche Details im Fall Bosseb

Paderborn (kp). Die Beweisaufnahme des womöglich spektakulärsten Mordprozesses in diesem Jahr hatte gerade begonnen, als sie auch schon wieder unterbrochen wurde. „Wir würden gleich zu Beginn den von uns gestellten Antrag verlesen, dann könnte einiges abgekürzt werden“, hieß es von Seiten der Verteidigung, nachdem Oberstaatsanwalt Ralf Meyer eine knappe halbe Stunde lang die Anklageschrift vorgetragen hatte. Das Gutachten von Prof. Osterheider wird angefochten.

So war es, dass weder die Angeklagte Angelika W. noch der Angeklagte Wilfried W. erste öffentliche Stellungnahmen abgeben sollten. Beide sind wegen zweifachen Mordes und mehrfacher Körperverletzung angeklagt. Es droht eine lebenslange Freiheitsstrafe. Zudem könnte laut Staatsanwaltschaft eine anschließende Sicherungsverwahrung für den Angeklagten Wilfried W. in Betracht kommen.

Was die Anklage den beiden Tätern vorwirft

Als der Oberstaatsanwalt Ralf Meyer den Gerichtssaal betritt, sind weder die Angeklagten, noch die Erste große Strafkammer des Landgerichts Paderborn anwesend. Es fällt ihm sichtlich schwer, sich seinen Weg zu seinem Platz zu bahnen. Zu sehr wird der Saal von unzähligen Presse- und Medienvertretern belagert, die auf ihre Chance für ein geeignetes Foto von Wilfried und Angelika W. warten. Unter seinem Arm trägt Meyer einen dicken Aktenordner, der auch die ungeheure Anklageschrift mit ihren grausigen Details enthält.

„Den beiden Angeklagten Angelika W. und Wilfried W. wird vorgeworfen“, beginnt der Staatsanwalt, als sich die Geräuschkulisse im Saal auf ein absolutes Minimum reduziert. Kein Husten, kein Rascheln in irgendwelchen Hosentaschen. Der völlig überfüllte Zuschauerbereich - einige Leute fanden keinen Platz und stützen sich an die Abtrennung zwischen Gericht und Publikum - scheint von den unterschiedlichsten Besuchern ausgelastet, die gespannt auf die Details der Anklageschrift - und dessen, was sich ihnen offenbaren wird – warten.

Der Vorwurf: Mord. Die Mordmotive: Aus niederen Beweggründen und Unterlassen.

Oberstaatsanwalt Ralf Meyer beginnt die Geschichte aufzurollen


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Nun beginnt Ralf Meyer die Chronologie des Geschehens aufzurollen. Die Angeklagten Wilfried W. und Angelika W. heirateten im März 1995 und ließen sich im September 2009 wieder scheiden. Nach der Scheidung entscheiden sich beide, weiterhin miteinander leben zu wollen – auch nach dem Umzug nach Bosseborn. In Bosseborn müssen Angelika und Wilfried W. zur gemeinsamen Erkenntnis gekommen sein, „dass der Angeklagte wieder eine neue Partnerin benötige“, so der Staatsanwalt.

Der Plan dahinter: Perfide! „Die Frau sollte durch physische und psychische Gewalt zu einer Leibeigenen des Angeklagten gemacht werden“, so der Inhalt der Anklage. Die neue, hypothetische Partnerin von Wilfried W. soll so lange und so schwer misshandelt werden, „bis ihr Wille gebrochen ist“ und sie sich bedingungslos ergibt.

Im Sommer 2013 meldet sich schließlich Annika – das erste Mordopfer – auf eine Kontaktanzeige, die die beiden Angeklagten aufgegeben hatten. Wilfried spielt ihr die große Liebe vor, präsentiert Angelika als seine Schwester und lässt sie bei sich übernachten, während die Angeklagte allein auf einer Matratze schlafen muss. Nachdem Wilfried und Annika heirateten, sollen er und Angelika ab November 2013 angefangen haben, ihren bestialischen Plan in die Tat umzusetzen.

Um ihren Willen zu brechen, schlägt Wilfried Annika immer wieder ins Gesicht, übergießt sie mit heißem Wasser oder Tee oder schlägt ihr plötzlich die Füße weg, „um mit der Fußsohle auf ihre Kehle zu treten“. Nachdem Annika immer mehr dem Willen von Wilfried nachgibt, hören die Qualen nicht auf. „Um Macht zu demonstrieren, musste sie den Urin des Angeklagten trinken“, so der Vorwurf. Dann beginnt auch die Angeklagte das Opfer zu misshandeln. Mit einem stockähnlichen Gegenstand soll sie in Annikas Vagina eingedrungen sein. Später scheren sie ihr den Kopf kahl. Sie fesseln sie, bringen sie in den Keller und legen sie in die Badewanne. Ab 21 Uhr bekommt Annika nichts mehr zu trinken, weil die Angeklagten durch ein mögliches Urinieren nicht gestört werden wollen. Immer wieder wird das Opfer durch kaltes oder heißes Wasser in der Badewanne gefoltert.

Einmal soll Angelika die Badewanne, in der sich die gefesselte und bewegungsunfähige Annika befindet, mit kaltem Wasser vollgefüllt und zu Wilfried gesagt haben: „Ich habe das Wasser aufgedreht, die ersäuft jetzt!“

Der gesundheitliche Zustand von Annika verschlechtert sich immer mehr, so dass sie nicht mehr in der Lage gewesen sein soll, eigenständig laufen zu können. Irgendwann schleppt sich das nackte und kahl geschorene Opfer mit letzter Kraft und größter Anstrengung in den Garten der Angeklagten und bricht zusammen. Angelika bietet ihr einen Arm an, um sich wieder aufrichten zu können. Als sie ihn wieder wegzieht fällt Annika hin und schlägt mit dem Kopf auf. Die daraus resultierenden Kopfverletzungen sollen anschließend zum Tod geführt haben.

Die Leiche soll in einer Gefriertruhe versteckt worden sein. Immer wieder sollen die Angeklagten Teile der Leiche aus der Truhe genommen und im Kamin verbrannt haben. Die Asche soll an Wegrändern in Bosseborn verteilt worden sein. Dies ist nicht Teil der Anklageschrift und wird im Verlauf der Beweisaufnahme verhandelt werden.

Anfang 2016 soll eine neue Frau für Wilfried her

Laut Anklage haben sich Angelika und Wilfried Anfang 2016 dazu entschlossen, weitere Anzeigen aufzugeben, um eine neue Frau für den Angeklagten zu finden. Dann meldet sich Susanne. Das beim ersten Mordopfer systematisierte Foltern wird nach fast identischem Muster bei Susanne fortgesetzt. Auch Susanne ist kurz vor ihrem Tod so geschwächt, dass es letztlich ein von den Angeklagten ausgehender Sturz ist, der ihr Kopfverletzungen zufügt, an deren Folgen sie schließlich am 22. April 2016 im Krankenhaus in Northeim stirbt. Als die Ärzte Verdacht schöpfen, wird gegen Wilfried und Annika ermittelt. Im Zuge der Ermittlungen melden sich weitere Zeugen, von denen Oberstaatsanwalt Ralf Meyer zwei in seiner Anklageschrift erwähnt. Auch sie wurden schwer misshandelt.

Oberstaatsanwalt Ralf Meyer erreicht seinen Platz. Er legt seinen Ordner ab. Richter und Schöffen der Ersten großen Strafkammer betreten das Gericht. Nun werden die Angeklagten in den Saal geführt. Zuerst betritt Angelika W. den Saal. Das ausgelassene Blitzen der Kameras und Klicken der Tablets ist zu hören. Ein Kamerateam versucht beim Eintreten von Angelika ein exklusives Statement zu bekommen, doch das Mikrofon wird ignoriert. Sie schützt ihr Gesicht mit einer Mappe. Wenige Augenblicke später betritt der Angeklagte Wilfried W. den Gerichtssaal. Keine Mappe, kein Verstecken. Lediglich ein Augenzucken. Nun fällt alles Blitzlicht auf seine Person. Von Angesicht zu Angesicht steht er den Presse- und Medienvertretern gegenüber – scheint, als wolle er möglichst allen die Gelegenheit geben, ein geeignetes Foto schießen zu können. Vielleicht gefällt ihm die Aufmerksamkeit.

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