Stimmen Sie für Ja, wenn Sie Nein meinen: Die Hintergründe zum Bürgerentscheid in Stadtoldendorf
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- Kategorie: Region Aktiv
- Veröffentlicht: Mittwoch, 26. Oktober 2016 06:08
Stadtoldendorf (rus). Soll der Verkehr künftig durch die Fußgängerzone fahren dürfen oder lieber doch nicht? Diese Fragestellung beschäftigt derzeit die Menschen in Stadtoldendorf. Am Sonntag können sie darüber in einem Bürgerentscheid abstimmen – ein Instrument der direkten Demokratie. Doch was sind die Antwortmöglichkeiten und ihre Auswirkungen? Die Weser-Ith News klären offene Fragen.
Um welchen Bereich geht es überhaupt?
Zur Rede stehen der Bereich des Marktplatzes, der Kellerstraße (obere Fußgängerzone) sowie der oberen Teichtorstraße (mittlere Fußgängerzone). Unangetastet von der Regelung, die der Rat bereits im März getroffen hat und gegen die sich der Bürgerentscheid richtet, soll die untere Teichtorstraße bis zum Teichtorplatz (untere Fußgängerzone) bleiben sowie der Bereich der Baustraße (vor der Eisdiele).
Was hat der Rat eigentlich beschlossen? Die Ist-Situation
Stadtoldendorf hat mit Leerstand zu kämpfen. In der Fußgängerzone sind nur noch wenige Geschäfte angesiedelt, auch viele Wohnungen und ganze Wohnhäuser stehen leer und sind teilweise seit Jahren ungenutzt und unattraktiv. Die Gründe dafür sind vielfältig. Bereits seit vielen Jahren ist diese Problematik deshalb auch regelmäßiges Thema im Stadtrat, am 08. März 2016 fasste das Gremium den Beschluss, die Innenstadt für den Fahrzeugverkehr teilweise zu öffnen. Der Rat erhofft sich von dieser Maßnahme eine Attraktivitätssteigerung der Innenstadt. Der Beschluss aus dem öffentlich zugänglichen Protokoll der Stadtratssitzung vom 08. März 2016 lautet:
„Beschluss mit 7 Ja-Stimmen zu 5 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen: Folgende Straßen in der Innenstadt sollen zur verkehrsberuhigten Zone (Spielstraße) umgewidmet werden:
- Der Markt (Marktplatz) Verkehrsführung als Einbahnstraße von Osten nach Westen
- die Kellerstraße, Verkehrsführung als Einbahnstraße von Norden nach Süden,
- die obere Teichtorstraße bis zur Amtsstraße, Verkehrsführung als Einbahnstraße von Norden nach Süden.
- Im Rahmen von rechtlichen Möglichkeiten sollen die Bereiche Kellerstraße/obere Teichtorstraße nur für Anlieger freigegeben werden.
- Die Baustraße (Kellerstraße bis zur Kuhstraße) bleibt Fußgängerzone und für den Verkehr geschlossen.
- Die untere Teichtorstraße bleibt ebenfalls als Fußgängerzone erhalten, soll aber für den Fahrradverkehr freigegeben werden.
- Die Außenbewirtschaftung der gastronomischen Betriebe in der Innenstadt muss auch in Zukunft gewährleistet sein.
Es soll ein Arbeitskreis eingerichtet werden, in denen die Akteure gleichberechtigt agieren und das Thema parallel begleiten sollen. Eine professionelle Moderation soll nicht durch einen Externen erfolgen, sondern durch den Stadtdirektor oder den stellvertretenden Stadtdirektor.“
Infolge des Ratsbeschlusses wurden bereits neue Straßenschilder aufgebaut und zunächst der Marktplatz für den Fahrzeugverkehr als verkehrsberuhigter Bereich geöffnet. Da in der Innenstadt derzeit zwei Wohn- und Geschäftshäuser abgerissen werden, wurde die Öffnung noch nicht auf diesen Bereich ausgedehnt, soll aber nach Fertigstellung gemäß Ratsbeschluss erfolgen. Im Rahmen von Verkehrsschauen wurden zudem bereits weitere Einzelheiten geklärt. Eine Stellprobe, unter anderem mit einem Großfahrzeug der Feuerwehr, hat ergeben, an welchen Punkten Parkflächen künftig eingerichtet werden könnten und sollen. Die Weser-Ith News berichteten bereits.
Neben diesen Maßnahmen fanden inzwischen auch bereits sechs Sitzungen des Arbeitskreises Innenstadt statt, der sich unter anderem mit dem Thema Attraktivitätssteigerung der Innenstadt befasst. Die Sitzungen sind öffentlich, die nächste steht für Montag, den 07. November 2016, 18.30 Uhr, im Alten Rathaus Stadtoldendorf an.
Stimmen Sie für Ja, wenn Sie Nein meinen
So klar für viele die eigene Meinung und Entscheidung zu dem Thema Verkehrsöffnung ist, so unklar wird zumindest auf den ersten Blick die Fragestellung des Bürgerentscheides. Bereits mit dem ersten Antrag an die Stadtverwaltung haben die Initiatoren des Bürgerbegehrens seinerzeit die Frage formuliert und sind an diese gebunden. Über die folgende Frage wird abgestimmt: „Sind Sie dafür, dass die bisherigen – vor dem Ratsbeschluss vom 08.03.2016 bestehenden – Verkehrsregelungen für den Marktplatz, die Kellerstraße und die Teichtorstraße beibehalten werden?“
Wer somit für die Öffnung der Innenstadt für den Verkehr ist, muss mit Nein stimmen. Wer hingegen gegen eine Öffnung für den Verkehr und damit auch gegen den oben genannten Ratsbeschluss ist, muss beim Bürgerbegehren mit Ja stimmen.
Der Bürgerentscheid in Stadtoldendorf und die so wichtige 25 Prozent-Hürde
Der Bürgerentscheid findet am kommenden Sonntag, den 30. Oktober 2016, in der Zeit von 08.00 bis 18.00 Uhr statt. In dieser Zeit können die Stadtoldendorfer dann in das Wahlbüro in der Grundschule gehen und an der Abstimmung in ihrem jeweiligen Wahlbezirk teilnehmen – im Vorfeld gab es zudem die Möglichkeit, auch per Briefabstimmung ähnlich der Briefwahl teilzunehmen. Bei der Abstimmung kann nur mit Ja oder Nein gestimmt werden.
Was hat es mit der 25 Prozent-Hürde auf sich? Ist bei anderen Wahlen die Wahlbeteiligung zumeist unerheblich, spielt sie beim Bürgerentscheid hingegen eine entscheidende Rolle: Denn der Bürgerentscheid ist nur erfolgreich und verbindlich, wenn mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten dafür sind, also mit Ja stimmen. Bei knapp 4.400 Wahlberechtigten in der Stadt Stadtoldendorf (Vergleichszahlen der Kommunalwahl) liegt die Grenze hier bei rund 1.100 Ja-Stimmen, die die Initiatoren benötigen. Zum Vergleich: Die Wahlbeteiligung bei der erst kürzlich stattgefundenen Kommunalwahl im September lag bei knapp 54 Prozent, was einer Gesamt-Wählerzahl von 2.332 Wahlberechtigten entspricht. Bei Stimmengleichheit oder weniger Ja-Stimmen ist das Bürgerbegehren abgelehnt. Die Innenstadt von Stadtoldendorf bleibt dann vorerst im jetzigen Zustand mit der durch den Rat geplanten Öffnung für den Fahrzeugverkehr. Ist das Bürgerbegehren erfolgreich, ist der Rat die nächsten zwei Jahre an den Entscheid gebunden.
Die Initiatoren des Bürgerbegehrens selbst bieten übrigens am kommenden Sonnabend in der Zeit von 10.30 bis 12.00 Uhr vor den Supermärkten Rewe und Edeka noch einmal die Möglichkeit zu einem persönlichen Austausch.
Foto: rus