Der Rechtsstreit zwischen Wasserverband und Bürgerinitiativen: Die Chronologie einer unendlichen Geschichte - Teil II: Das Scheitern einer außergerichtlichen Einigung und Klageerhebung
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- Kategorie: Region Aktiv
- Veröffentlicht: Dienstag, 16. Februar 2016 06:35
Stadtoldendorf/Dielmissen (kp). Die Ausgangssituation schien klar zu sein: Erklären sich die Verantwortlichen des Wasserverbandes nicht zu einer Stellungnahme und einem Kompromiss mit der Bürgerinitiative für Abwassergerechtigkeit bereit, soll gegen Ende des Jahres 2012 Klage beim Landgericht in Hildesheim eingereicht werden. Vier Monate vor Ablauf dieser Frist sollten sich beide Parteien, zu dessen Auseinandersetzung sich mittlerweile die Politik gesellte, noch einige Scharmützel liefern.
Der Landtagsabgeordnete der Grünen, Christian Meyer, meldete sich zu Wort, um der Bürgerinitiative seine vollste Unterstützung auszusprechen. Er riet dem Wasserverband, es nicht auf eine weitere Klage ankommen zu lassen. Eine andere Meinung hingegen vertrat sein Parteikollege und Ratsmitglied der Samtgemeinde Eschershausen-Stadtoldendorf, John Hix, welcher, an die Bürgerinitiative appellierend, von einem weiteren Prozess abriet. Die Folge eines Sieges auf Seiten der Bürgerinitiative würden letztlich die Gebührenzahler tragen müssen.
Zum einen bestätigte der Grünen-Fraktionsvorsitzende, dass „die Gebühren nach der kommunalen Gebührenordnung kostendeckend sein müssen“ sowie er für die Zukunft prognostizierte, dass „aufgrund der demografischen Entwicklung und Investitionsnotwendigkeit in unserem Kanalnetz“ es unumgänglich sei, die Abwassergebühren erneut zu erhöhen. Der WVIW sei zum anderen als kommunales Unternehmen nicht darauf ausgelegt, gewinnbringend zu arbeiten. Mehrkosten durch anfallende Rückerstattungen nach einem möglichen Klageerfolg würden durch neue Gebührenkalkulationen und Kredite finanziert werden müssen.
Bernd Schuster, Sprecher der Bürgerinitiative, betonte bis zum Schluss, eine Klage bei einer Kompromissbereitschaft seitens des Wasserverbandes umgehen zu wollen: „Es geht vor allem um die unrechtmäßige Grundentgelterhöhung.“ Dabei spiele nicht einmal die Gesamtsumme als Rückerstattung eine Rolle, sofern ein gemeinsamer Kompromiss gefunden würde. Vor allem aber sollte der Wasserverband eine einwandfreie Transparenz vorzeigen.
Insgesamt sei die Bürgerinitiative dem Wasserverband dreimal entgegengekommen, um eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Die letzte Frist wurde auf den 20. November 2012 gesetzt. Bei Nichtentgegenkommen wurde der Rechtsanwalt der Bürgerinitiative, Clemens H. Hons, mit einem Klageauftrag versehen. Am 22. November reichte der Fachanwalt Klage beim Landgericht Hildesheim ein, um insgesamt 160 Mandate zu vertreten.
In der Zwischenzeit veranlassten Günther Klenke, damaliger Verbandsvorsteher des WVIW, Henning Stegie, damaliger Geschäftsführer des WVIW, und der Samtgemeindebürgermeister Wolfgang Anders ein von der Bürgerinitiative als „Blauer Brief“ deklariertes Informationsblatt an 4000 Haushalte der Samtgemeinde auszuhändigen. Der Inhalt sollte Aufklärung über einen möglichen Klageerfolg der Bürgerinitiative liefern und auf die finanziellen Folgen hinweisen. Ein sichtlich erzürnter Bernd Schuster entgegnete: „Dieser Blaue Brief hat die Leute massiv eingeschüchtert und verunsichert!“
Neues Jahr, neues Glück: Am 13. Februar 2013 sollten die Verhandlungen am Landgericht Hildesheim beginnen. Insgesamt sollten 336 Euro für jeden der 172 Mandate behandelt werden, um anschließend eine vom Gericht ausgesprochene Rückerstattung vom Wasserverband zu erwirken. Das Urteil wurde am 27. Februar gesprochen. Das Landgericht Hildesheim erklärte die Grundentgelterhöhung für unbillig und gab der Klage der Bürgerinitiative statt. Die AEB sei zwar nach der Beanstandung des Oberlandesgerichts Celle geändert, dennoch könne diese keine rückwirkende Geltung erhalten.
Bei der Urteilsfindung orientierte sich das Landgericht stark an dem ersten Prozess, als die Bürgerinitiative Polle erfolgreich gegen den Wasserverband klagte und anschließend in nächster Instanz, vor dem Oberlandgericht Celle, ein weiteres Mal verlor. Die Niederlage vor dem Landgericht Hildesheim am 27. Februar 2013 markierte somit das bereits dritte Scheitern des Wasserverbandes vor Gericht.
Im nächsten Teil:
Urteilsspruch und irreführende Kostenkalkulation des Wasserverbandes nach scheinbar überraschender Kehrtwende im Anschluss des Hildesheimer Urteils. Ein Ende des Disputes bleibt in weiter Ferne verborgen.