Grüne warnen vor Änderung der Landschaftsschutzgebietsverordnung: „Keine Massentierhaltung durch die Hintertür“
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- Kategorie: Politik
- Veröffentlicht: Mittwoch, 15. März 2017 08:05
Der umweltpolitische Sprecher der Kreistagsgrünen Gerd Henke wies daraufhin, dass die Beratungen im Umweltausschuss des Kreises „gezeigt haben, dass es ausschließlich um die Zulassung großer Massentierhaltungsanlagen im Landschaftsschutzgebiet geht. SPD, CDU, FDP und UWG machen sich gegen den Bürgerwillen zum Unterstützer einer großen Hühnermastanlage von 80.000 Tieren bei Eschershausen und einer Ziegenfabrik auf dem Poller Heidbrink.“
Fraktionssprecher Peter Ruhwedel kritisiert darüber hinaus die Kreisverwaltung: „Der sogenannte Eilantrag von SPD, FDP, UWG und CDU wurde bisher nicht abgestimmt. Fragen der Einwohner*innen konnten im Fachausschuss nicht ausreichend beantwortet werden. In vorauseilendem Gehorsam hat die Verwaltung nun eine Vorlage gefertigt, die die bestehende Verordnung kippen soll. Hiermit hat die Verwaltung einseitig Partei in einem Rechtstreit gegen eine im Kreistag beschlossene Verordnung ergriffen. Das ist ein eindeutiger Verstoß gegen das Gebot objektiven Verwaltungshandelns. Die Vorlage sieht ein komplett neues Verfahren „auf Vorrat“ vor, obwohl die Einstweilige Verfügung gegen das bestehende LSG vor dem Oberverwaltungsgericht gegen das Inkraftsetzen der Verordnung bisher abschlägig entschieden wurde und der Rechtstreit noch nicht beendet ist.“ Mit der Verwaltungsvorlage soll vor allem die Zulassung baulicher Anlagen ab einer bestimmten Größe nicht mehr dem Kreistag überlassen werden.
Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hatte am 6.7.2016 den Eilantrag gegen die LSG-Verordnung abgewiesen. „Danach kommt eine einstweilige Außervollzugsetzung der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet Sollingvorland-Wesertal im Landkreis Holzminden vom 20.April 2016 nicht in Betracht.“ Das Gericht spricht in seinem Urteil davon, dass im Falle der Erteilung von Baugenehmigungen „die Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung der Güter (…) Landschaftsbild, Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts, der Lebensräume der heimischen Tier- und Pflanzenwelt besteht. Derartige Einwirkungen auf Natur- und Landschaft wären irreversibel und dauerhaft, weil sie nicht rückgängig gemacht werden könnten, wenn der Normenkontrollantrag später abgelehnt würde. Die Gemeinwohlbelange, deren Schutz der Kreistagsbeschluss verfolgt, würden somit auf Dauer beeinträchtigt.“ Die Nachteile durch das Bauverbot großer Massentierhaltungen habe „aber ein deutlich geringeres Gewicht, als die für den Landschaftsschutz zu befürchtenden Nachteile im Falle einer einstweiligen Außervollzugsetzung der Landschaftsschutzgebietsverordnung“. Das Gericht erläutert weiter, dass die Nachteile durch die Baueinschränkungen „nur zu Lasten privater Belange Einzelner, nicht aber zu Lasten von Gemeinwohlbelangen gehen“.
Die Grünen kritisieren insbesondere die SPD, die in der öffentlich gewordenen Vereinbarung mit FDP und UWG eine völlige Kehrtwende zu ihren Wahlaussagen gemacht hat. Ruhwedel und Henke erklären dazu: „Die Abstimmung im Kreistag wird auch zur Nagelprobe, wer auf Seiten von Natur und Umwelt im schönen Weserbergland und wer auf Seiten von Unternehmerinteressen der industriellen Massentierhaltung steht.“
Mit dem möglichen Beschluss im Kreistag, den die Grünen entschieden ablehnen, würde die Verwaltung erneut ihren neuen Entwurf in die öffentliche Anhörung geben. Jedermann könnte wieder Einwendungen erheben und Stellungnahmen zu allen Punkten abgeben. Die Verwaltung müsse diese dann erneut sorgsam abwägen und bewerten.
Die Grünen erinnern an über 4000 Bürgerinnen und Bürger, die mit ihrer Unterschrift für das gültige Landschaftsschutzgebiet ohne Massentierhaltung unterschrieben hatten. Die zahlreichen Leserbriefe und die Schreiben der Umweltverbände BUND und NABU zeigten, dass eine Änderung auf erheblichen Protest und Einwendungen von Seiten des Umweltschutzes stoßen wird. Gerd Henke: „Das FDP-Begehren für eine Massentierhaltungsanlage bei Lüerdissen dient Einzelinteressen und nicht der Allgemeinheit. Es verursacht erhebliche Bürokratie, Aufwand, Streit und Kosten.“
Die letzte Änderung habe mehrere Jahre gedauert und erhebliche Personal- und Verwaltungskosten verursacht. Außerdem würde das neue Verfahren einen sehr hohen fünfstelligen Eurobetrag kosten. Die Grünen plädieren daher dafür, das ausstehende Oberverwaltungsgerichtsurteil erst einmal abzuwarten. Ruhwedel: „Dies ist auch im Sinne derjenigen, die Fehler in der LSG-Verordnung befürchten. Denn sollte das Gericht andere Punkte als die der Kläger beanstanden, müsste man dann das laufende Verfahren abbrechen und wieder erneut starten.“