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Montag, 28. März 2016 12:46 Uhr

Grüne: „Hohe Nitratbelastung in Ottenstein gemeinsam mit Landwirten lösen“ - Landwirtschaftsminister Christian Meyer referierte zur Nitratproblematik Grüne: „Hohe Nitratbelastung in Ottenstein gemeinsam mit Landwirten lösen“ - Landwirtschaftsminister Chr


Ottenstein/Kreis Holzminden (r). Die hohe Nitratbelastung des Grundwassers auf der Ottensteiner Hochebene gibt Anlass zur Sorge. Gemeinsam mit den Landwirten müsse das Thema angegangen werden, so der Tenor einer gut besuchten Veranstaltung von Bündnis 90/Die Grünen im Hof-Cafe Kiels Sonnengarten in Ottenstein mit dem niedersächsischen Landwirtschaftsminister Christian Meyer.

Die grüne Vorstandssprecherin Karin Farries aus Ottenstein begrüßte den Minister, wies auf die intensive Debatte vor Ort hin und die Sorgen die sich die Bürgerinnen und Bürger auf der Hochebene um ihr Grundwasser machen. Der grüne Minister stellte daraufhin in seinem sachlichen Referat die Situation im Landkreis Holzminden dar. Im Schnitt sei das Grundwasser im Landkreis eher gering belastet. „Unser Trinkwasser ist sauber. Die Gefahr besteht allerdings in Nitrat. Hauptquelle für Nitrat ist die industrielle Landwirtschaft insbesondere in Regionen mit Massentierhaltung und wenig Fläche. Daher muss alles zum Schutz unseres Lebensmittels Wasser getan werden. Der Landkreis gehört in Bezug auf eine Überdüngung erfreulicherweise zu den grünen Bereichen mit wenigen Problemen. In großen Teilen ist das Grundwasser sauber!“

Eine Ausnahme stellt allerdings die Ottensteiner Hochebene dar. Dort wurden an zwei Messstellen in den letzten Jahren Nitratwerte von ca. 40 mg/l ermittelt. Das ist knapp unter der Eingriffsschwelle der EU und führt zur zweithöchsten Belastungskategorie. Die Qualitätsnorm für das Grundwasser in Bezug auf den Nitratgehalt beträgt nach den Vorgaben der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) 50 Milligramm pro Liter (mg/l). Bei steigenden Trends muss ab einer Nitratkonzentration von 37,5 mg/l über entsprechende Maßnahmen eine Trendumkehr eingeleitet werden. Trinkwasser darf aus Brunnen mit mehr als 50 mg/l Nitrat ebenfalls nicht mehr gefördert werden. ?

Meyer erläuterte, dass auch in Niedersachsen ca. 60.000 ha an landwirtschaftlicher Fläche überdüngt seien, mit all den damit verbundenen negativen Folgen. Nitrat als solches sei aber für den Menschen eher unbedenklich. Allerdings könne es während der Verdauung von Bakterien in Nitrit umgewandelt werden. Gerade für Säuglinge kann hierdurch ein gesundheitliches Risiko enstehen. Zudem kann Nitrit im Körper mit anderen Stoffen zu krebserregenden Nitrosaminen reagieren. Hohe Nitratgehalte beeinträchtigen somit unmittelbar die Nutzung des Grundwassers als Trinkwasser.

Zu konstatieren ist darüber hinaus, dass sich in den beiden letzten Jahrzehnten die Nitratwerte insgesamt kontinuierlich verschlechtert haben. Ursache hierfür ist vor allem die Überdüngung der Böden durch die Landwirtschaft. Dieser Zusammenhang ist wissenschaftlich belegt, auch wenn von verschiedenen Lobbyverbänden anderes behauptet wird. Die EU hat daher ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen Nichteinhaltung der EU-Nitratrichtlinie angekündigt. Auf Bundesebene wird dazu derzeit die Düngeverordnung überarbeitet. Noch unter dem damaligen Bundesagrarminister Seehofer wurde die EU-Richtlinie dazu genutzt, die nationale Düngeverordnung massiv zu verwässern. Mit der „Hoftorbilanz“ für Nährstoffe (Vergleich der Nährstoffmenge, die in den Betrieb hineinfließt mit derjenigen, die den Betrieb verlässt), schaffte die schwarz-rote Regierung damals das wichtigste Instrument ab, mit dem Bauern die Effizienz ihres Nährstoffmanagements messen konnten. Ordnungsrechtliche Strafen für Überdüngung entfielen genauso. Weitere Gründe für die steigenden Nitratwerte sind der Grünlandumbruch und der zunehmende Maisanbau.

Gerade in Niedersachsen fallen große Mengen an Gülle und Mist an. In Niedersachsen waren dies im Jahr 2015 59,61 Millionen Tonnen Gülle, Kot und Gärreste. Das ist entspricht Güllewagen an Güllewagen aneinandergereiht etwa einmal um den Äquator. Die Bauern versuchen unter anderem, das Problem durch den Transport von Gülle in Ackerbauregionen zu lösen. In den Landkreis Holzminden wurden in diesem Kontext im Jahr 2015 31.737 Tonnen Gülle, Kot und Gärreste transportiert, davon 9.000 Tonnen aus Cloppenburg und 6.000 Tonnen aus Vechta.

Warum nun in Ottenstein eine so hohe Belastung festzustellen ist, könne auch mit der Konzentration der Tierbestände in Verbindung stehen. So habe der Landkreis Holzminden etwa 50 Prozent mehr Rinder als der benachbarte und größere Landkreis Hameln-Pyrmont. Im Kreis Holzminden fallen nach dem Nährstoffbericht der Kammer 137.500 Tonnen Rindergülle und 30.100 Tonnen Mist und Jauche an. Im Landkreis Hameln-Pyrmont sind es 87.600 Tonnen Rindergülle und 19.149 Tonnen Mist und Jauche. Im größeren Landkreis Hildesheim sind es hingegen sogar nur 55.000 Tonnen Rindergülle und 12.000 Tonnen Mist und Jauche. Der Nährstoffanfall aus der Tierhaltung ist im Landkreis Holzminden mit 41,4 kg Nitrat je ha landwirtschaftlicher Nutzfläche damit der zweithöchste im Bezirk Leine-Weser. In Hameln-Pyrmont sind es mit allen Tieren zusammen 29,6 kg/ha und in Hildesheim 12,2 kg/ha Nitrat.

Minister Meyer gab im Rahmen seines Vortrages auch zu Bedenken, dass die Aufsichtsbehörde nicht immer genau feststellen kann, ob die Betriebe die Düngeverordnung einhalten. „Die zuständige Düngebehörde fährt zurzeit ein Stück weit blind. Es muss zwar gemeldet werden, wenn Gülle von A nach B geht, aber unserer zuständigen Behörde ist nicht bekannt, wo eigentlich die Ställe stehen, wie viele Tiere dort gehalten werden und wie viele Flächen beim Landwirt vorhanden sind." Sein Ziel ist es, alle vorhandenen Daten zentral in einem sogenannten Nährstoffregister zu erfassen, um den wenigen Landwirten auf die Schliche zu kommen, die regelwidrig und unregistriert Gülle und Gärreste auf die Felder kippen.

In der sich an das Referat anschließenden Diskussion wurden von einigen Teilnehmern die geologischen Besonderheiten der Ottensteiner Hochebene hervorgehoben. So begünstigt die Flachgründigkeit der Böden eine Nitratauswaschung in das Grundwasser. Zu hohe Stickstoffgaben schlagen sich daher relativ zeitnah in hohen Nitratwerten nieder. Zudem gab es in den letzten Jahren auch einen verstärkten Grünlandumbruch, der sicherlich nicht unwesentlich zur Nitratproblematik beigetragen hat. Die Düngebehörde, Wasserverbände und Landwirte wollen in Zukunft enger zusammenarbeiten, um das Nitratproblem in den Griff zu kriegen. Die Kritik an geplanten neuen Ställen, die die Belastung eher verschärfen, wurde von mehreren Anwohnern geäußert.

Der Kreistagsabgeordnete Gerd Henke (Bündnis 90/Die Grünen) wies auf die vom Kreistag beschlossene Ausweisung des Wasserschutzgebietes auf der Ottensteiner Hochebene hin. Dieses sei notwendig um unser „Lebenselixier Grundwasser“ effektiv zu schützen. Er und viele andere baten die Landwirte um Einhaltung der Düngeverordnung und Beachtung des Grundwasserschutzes. Vorstandssprecherin Karin Farries aus Ottenstein kündigte für die Grünen an weiterhin ein waches Auge auf die Nitratbelastung im Grundwasser zu richten.

Foto: Symbol

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