Beständig im Wandel - Ölmühle Solling bleibt auch in der nächsten Generation Familienbetrieb
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- Kategorie: Wirtschaft
- Veröffentlicht: Freitag, 06. Februar 2015 10:16
Als Gudrun und Werner Baensch 1996 die Ölmühle Solling gründeten, ahnten sie noch nicht, dass sie sich zu einem mittelständischen Familienunternehmen mit über 50 Mitarbeitern entwickeln würde: Ihnen ging es einfach darum, sinnvoll und nachhaltig zu arbeiten. Beide waren in der Entwicklungshilfe tätig gewesen, hatten unter anderem in der Dominikanischen Republik und in China gelebt. Als ihre Kinder Sebastian und Sarah schulpflichtig wurden, kehrten sie in ihre niedersächsische Heimat zurück. Von Anfang an war klar, dass sie auf Bio setzen würden.
„Wir haben in unserer Zeit im Ausland mit eigenen Augen gesehen, was konventionelle Landwirtschaft den Böden und der Natur antut, wie sie Menschen vergiftet. Und wir haben gesehen, wie fruchtbar ökologischer Landbau sein kann und wie er sinnvolle Arbeit und Perspektiven für Menschen schafft“, sagt Werner Baensch. Die Ölmühle Solling war von Anfang an Partner des ökologischen Anbauverbands Naturland und arbeitet in Deutschland eng mit Bioland-Betrieben zusammen. „So haben wir Bio-Rohstoffe, die strengeren Kontrollen unterliegen und höherwertiger sind, als die EU-Bio-Verordnung vorschreibt“.
Der Lebensmitteltechnologe kümmert sich um die Auswahl der geeigneten Rohstoffe und entwickelt zum Beispiel die außergewöhnlichen Würzöle der Ölmühle. Ebenso klar war, dass die hochwertigen Bio-Nüsse und -Saaten besonders schonend und werterhaltend weiterverarbeitet werden sollten: Bei niedrigen Temperaturen sanft gepresst und von Hand gefiltert, nicht raffiniert, desodoriert oder mit sonstigen aggressiven Verfahren traktiert.
Rund 10 Spindelpressen sind heute in der Ölmühle Solling im Einsatz. Das Sortiment bietet allein über dreißig Speiseöle. Ein Schwerpunkt liegt auf Kokos-Spezialitäten: Familie Baensch pflegt enge persönliche Kontakte zu einem Fair-Trade-Bio-Projekt in Sri Lanka. Öle für eine bewusste Ernährung wie Leinsamen-, Nachtkerzen- oder Hanföl runden das Programm ab, ebenso ein kleines, feines Naturkosmetik-Sortiment unter dem Namen baensch pure care. Die Kinder sind im wahrsten Sinne des Wortes mit der Ölmühle großgeworden.
Unsere Anfänge liegen im klassischen Graswurzelmarketing, berichtet Gudrun Baensch. „Wir standen mit unserer Ölpresse auf Hoffesten, verkauften auf Märkten in der Umgebung, die Kinder immer dabei, das ging ja gar nicht anders“. Von klein auf erlebten sie den Betrieb mit und übernahmen kleine Aufgaben. „Ich habe mich von Anfang an als integrierter Teil eines sinnvollen Ganzen gefühlt“, sagt Sebastian Baensch. Als eine Idee für die Schulfirma gefragt war, probierte der Teenager, aus reinen Pflanzenölen Seife zu sieden. „Es funktionierte“, erinnert sich die Mutter, „und zwar so gut, dass wir tatsa?chlich angefangen haben, Kokosseifen in größerem Maßstab herzustellen“.
Dennoch sollte der Nachwuchs nicht unter Druck gesetzt werden. „Wir haben den Kindern immer gesagt, ihr könnt das machen, ihr müsst aber nicht“, sagt Werner Baensch. „Klar habe ich zwischendurch auch mal überlegt, etwas ganz Anderes zu machen. Aber ich habe schnell gemerkt, dass ich mich, wenn ich mir meine Zukunft vorgestellt habe, doch immer in der Ölmühle gesehen habe“, erinnert sich Sebastian Baensch.
So absolvierte er konsequenterweise ein Studium der Betriebswirtschaft, nutzte die Zeit aber auch für Auslandsaufenthalte und erste Berufserfahrungen. Die Eltern hatten in diesen Jahren begonnen, erstmals ernsthaft über die Firmennachfolge nachzudenken, wie eine Weitergabe aussehen könnte oder was für Alternativen es geben könnte.
Der Einstieg wurde von allen Beteiligten gewissenhaft und sehr überlegt angegangen. „Wenn Kinder und Eltern in einer Firma arbeiten, dann ist das schon eine spannende Konstellation“, sagt Sebastian Baensch. „Der eine muss Verantwortung übernehmen, die anderen müssen lernen, sie Stück für Stück loszulassen“, ergänzt seine Mutter. Sowohl die Industrie- und Handelskammer vor Ort, als auch ein befreundeter Mentor und Unternehmensberater begleiteten den Prozess. Hilfreich waren auch Gespräche mit befreundeten Unternehmern, die mit dem Thema Generationswechsel bereits Erfahrungen hatten. „Aus den täglichen Routinen ziehen wir uns immer mehr zurück.
Besonders genießen wir die Freiheit, häufiger unterwegs sein zu können und uns nun wieder verstärkt um die Entwicklung neuer Projekte in aller Welt kümmern zu können“, sagt die Geschäftsführerin. „Neben Sebastian haben wir schließlich ein tolles langjähriges Team, auf das wir uns verlassen können“. Auch Sarah Baensch, derzeit noch im Studium, kann sich vorstellen, in einigen Jahren mit ihrem Bruder den elterlichen Betrieb weiterzuführen. Von heute auf morgen soll der Generationswechsel aber nicht vollzogen sein, da ist sich die Familie einig. Gudrun und Werner Baensch werden also noch einige Jahre im Unternehmen aktiv bleiben und ihrem Sohn beratend zur Seite stehen.
Auch wenn es um das für die Bio-Branche so zentrale Thema Werte geht, sind sich die Generationen einig: „Betriebswirtschaftliche Aspekte sind wichtig, aber nicht der alleinbestimmende Faktor im Unternehmen. Sinnhaftigkeit war der Gründungsimpuls meiner Eltern, und auch mir geht es darum, die ökologische Landwirtschaft zu stärken, unseren Erzeugern faire Preise zu zahlen und den Verbrauchern eine hochwertige und ökologische Alternative zu industrieller Massenware zu bieten“.
Wer die Ölmühle Solling einmal besucht hat, sich der verlockenden Vielfalt in den Regalen des hauseigenen Mühlenladens gegenübergesehen hat und durch den liebevoll angelegten Schaugarten geschlendert ist, der spürt, dass hier mit Herzblut gearbeitet wird. Und so verwundert es auch nicht, dass ein Verkauf dieser besonderen Manufaktur an „Große“, wie er auch einige Bio-Pioniere ereilte, für alle Beteiligten niemals zur Debatte stand. Gute Aussichten also für Fans kaltgepresster nativer Öl-Spezialitäten, auch in der nächsten Generation in der Ölmühle Solling im Weserbergland das Besondere entdecken zu können.
Foto: Ölmühle Solling