Kreissportbund Holzminden im Gespräch mit den Landtagsabgeordneten - Wiesendorf: „Ländlicher Raum darf bei Förderungen nicht hinten runter fallen“
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- Kategorie: Sport
- Veröffentlicht: Dienstag, 24. Februar 2015 10:20
Sabine Tippelt, Hermann Grupe und Uwe Schünemann waren der Einladung gerne gefolgt, Minister Christian Meyer war ebenso verhindert wie Landrätin Angela Schürzeberg. Bernd Wiesendorf stellte gemeinsam mit dem Geschäftsstellenleiter Damian Leszczynski zunächst Zahlen, Daten und Fakten des Kreissportbundes vor, wobei der hohe Organisationsgrad von rund 43 Prozent ins Auge fiel. In bestimmten Altersklassen im Jugendbereich geht dieser gar hoch bis auf knapp 95 Prozent. Wiesendorf machte deutlich, dass sich der Kreissportbund als Dienstleister ganz nah an den Vereinen sehe. „Trotz der modernen Medien weist unsere Geschäftsstelle im Liebigstadion eine hohe Besucherfrequenz auf.“
Mit Sorgenfalten blickte der KSB-Vorsitzende allerdings in die Zukunft: „Die Neuausrichtung des Landessportbundes mit der Umwandlung von bisher 48 Sportbünden in 17 Sportregionen macht den Vereinen im ländlichen Raum das Leben schwer. Hier werden zum Teil funktionierende Strukturen zerstört.“ Der KSB Holzminden bildet mit Hameln-Pyrmont und Schaumburg die neue Sportregion Weserbergland, die sich die vorgesehenen Sportreferenten teilen sollen. Für deren Finanzierung wird auch der KSB Holzminden zur Kasse gebeten. Dazu Robert Hartmann jun. als ehemaliger Geschäftsführer, der an zahlreichen Gesprächen im Rahmen der Neugliederung teilgenommen hat: „Nach den Plänen des Landessportbundes müssen wir jetzt für eine Leistung zahlen, die wir aufgrund der guten Zusammenarbeit mit Göttingen bisher umsonst bekommen haben.“
Nicht viel besser sehe es mit den neuen Regelungen für die Sportstättenförderung aus. „Der ländliche Raum ist hier besonders betroffen“, kritisierte Wiesendorf. Die ausschließliche Förderung in Höhe von 30 Prozent angefallener Rechnungen bevorzuge eindeutig die reichen Vereine, die alle Aufträge vergeben könnten. Dagegen werden die im ländlichen Raum aus Finanznot üblichen Eigenleistungen der Vereinsmitglieder gar nicht mehr gefördert. „Hier ist eine differenzierte Betrachtung notwendig.“ Es müsse möglich sein, die Sporttreibenden auf dem Land dabei zu unterstützen, die Erhaltung ihrer Sportanlagen und Vereinsheime in Eigenleistung sicherzustellen. „Diese Regelung des LSB ist nicht im Sinne der Vereine im ländlichen Raum.“
Dies unterstrich auch der Ehrenvorsitzende Walter Siegert in seinem kurzen Rückblick auf die mehr als 30 Jahre lange, bewegte Geschichte des Kreissportbundes. So habe eine Berechnung Ende der 90er Jahre die Bedeutung der ehrenamtlichen Arbeit unterstrichen, als die hochgerechneten 528.000 geleisteten Arbeitsstunden in den Vereinen bei einem Stundenlohn von zehn D-Mark die stolze Summe von über fünf Millionen Mark ergaben. Gerade angesichts leerer Kassen der öffentlichen Hand sei die Bedeutung des Ehrenamtes heute noch gestiegen. „Mit der Umwandlung in die Sportregionen kommt auf uns alle eine spannende Aufgabe zu. Dazu bedarf es einer weiteren guten Zusammenarbeit und Kontaktpflege auf allen Ebenen.“
Vorstandsmitglied Hartmut Kumlehn gab zu bedenken, dass das neue Konstrukt mit 17 Sportregionen für die Ehrenamtlichen zusätzliche Arbeit bedeute. „Wir haben genug mit unseren Vereinen vor Ort zu tun, da kann man nicht noch ständig zu den anderen Sportbünden fahren. Wir reiben uns auf mit der Arbeit für den Landessportbund“, nahm er kein Blatt vor den Mund. Offensichtlich habe man beim LSB in Hannover vergessen, dass bei den Vereinen Ehrenamtliche die Arbeit erledigen. „Niemand kann erwarten, dass die Menschen ehrenamtlich ähnlich viel Zeit für die Vereine investieren wie hauptamtlich Angestellte.“
Dieses Stichwort griff Uwe Schünemann auf, zu seiner Zeit als Innenminister ebenfalls für den Sport zuständig und somit gut mit der Thematik vertraut: „Die Arbeit, die ehrenamtlich hier beim Kreissportbund Holzminden geleistet wird, ist hervorragend! Damit sich die Politik aus dem Sport heraushalten kann, wurde ganz bewusst entschieden, die Mittel aus der Sportförderung komplett in die Hände des Landessportbundes zu geben.“ Die bemängelten Entscheidungen seien also eine Sache des Landessportbundes und nicht der Politik. „Es ist allerdings bedauerlich, dass unkonventionelle Lösungen nicht mehr möglich sind.“ So sei die Zusammenarbeit mit Göttingen gut und rechtlich einwandfrei gewesen. „Es ist schade, dass hier funktionierende Einheiten zerschlagen wurden.“ Auch Schünemann sah mehr Flexibilität beim Landessportbund erforderlich.
Keinen Zweifel ließen Sabine Tippelt, Hermann Grupe und Uwe Schünemann daran aufkommen, dass mit der Verabschiedung des Sportfördergesetzes im Dezember 2012 nicht nur die Bedeutung des Sports für Niedersachsen unterstrichen, sondern dessen Finanzierung auf eine breite Grundlage gestellt worden ist. „Immerhin fließen dem Landessportbund jährlich 31,5 Millionen Euro zu“, erinnerte Schünemann, noch ergänzt durch die Mittel aus den Glückspielabgaben. „Diese Zahlungen zeigen, dass von Seiten der Politik das Ehrenamt sehr geschätzt wird“, machte Sabine Tippelt deutlich. Ohne den vorbildlichen Einsatz der unzähligen Ehrenamtlichen wäre ein Betrieb der Sportvereine gar nicht möglich.
Hermann Grupe spannte den Bogen von der angesprochenen Problematik der Benachteiligung des ländlichen Raumes durch den Landessportbund hin zur allgemeinen Politik. „Es muss zwingend unterschieden werden zwischen den Städten und dem ländlichen Raum. Bei allen Gesetzen gilt es, die Auswirkungen genau zu betrachten. Es kann nicht sein, dass die Interessen des ländlichen Raums immer vernachlässigt werden. Wir brauchen andere Lösungen“, sagte er und betonte im Hinblick auf die Sportvereine: „Wir sind auf das Ehrenamt angewiesen!“ Einig war er sich mit Robert Hartmann jun., der zuvor verlangt hatte: „Wir wollen eine Wertschätzung der innovativen ehrenamtlichen Arbeit.“
Nach Sabine Tippelt lobte zum Abschluss auch Uwe Schünemann noch einmal die Initiative des Kreissportbundes zu diesen offenen Gesprächen, an denen neben dem KSB-Vorstand auch Vereinsvertreter teilgenommen haben. „Das Schulchaos in Holzminden zeigt uns Politikern, dass es besser ist, sich rechtzeitig zu öffnen. Meinungsbildung sollte nicht im stillen Kämmerlein erfolgen.“ Ganz in diesem Sinne sprach Bernd Wiesendorf den drei Landtagsabgeordneten seinen Dank aus und kündigte an, demnächst ein weiteres Gespräch dieser Art mit den Kreistagsabgeordneten führen zu wollen. Sein Dank galt aber auch Dirk Papenberg, Marketingleiter der Volksbank Weserbergland, der die Räumlichkeiten für diese Gesprächsrunde zur Verfügung gestellt hatte.
Foto: KSB