Montag, 25.11.2024
Mittwoch, 06. August 2014 10:01 Uhr

Ein Drittel der Absolventinnen und Absolventen findet einen Job in der Verwaltung - Gerhard Handermann aus der Kreisverwaltung Höxter und Sozialrechtsanwalt Christian Au bringen Studierenden der Sozialen Arbeit an der HAWK in Holzminden die Praxis nah Ein Drittel der Absolventinnen und Absolventen findet einen Job in der Verwaltung - Gerhard Handermann aus der

Holzminden/Höxter (r). „Soziale Arbeit sorgt für den sozialen Kitt unserer Gesellschaft“, sagt Prof. Dr. Alexandra Engel, Dekanin der Holzmindener HAWK-Fakultät Management, Soziale Arbeit, Bauen und Professorin im Studiengang Soziale Arbeit. Die Themen sind so vielfältig wie die Berufsfelder: „Rund zwei Drittel unserer Absolventinnen und Absolventen arbeiten nach dem Studium bei freien Trägern wie Wohlfahrtsverbänden oder den Kirchen. Etwa ein Drittel findet eine Stelle in einer öffentlichen Verwaltung.“ Und auch genau darauf bereitet das Studium in Holzminden höchst anschaulich vor, denn im Seminarraum stehen neben den festen Professor/inn/en zusätzlich Praktiker wie Gerhard Handermann, Fachbereichsleiter Familie, Jugend und Soziales, sowie Jugendamtsleiter der Kreisverwaltung Höxter oder der Buxtehuder Fachanwalt für Sozialrecht, Christian Au. Handermann und Au geben beide Blockseminare, in denen die relevanten Themen am Stück behandelt werden können.

Handermann zum Beispiel räumt gründlich mit dem Vorurteil auf, in einer Verwaltung gehe es trocken und ausschließlich in eingefahrenen Bahnen zu: „Die Verwaltung ist ein lebendes System, man kann mitdenken, mitgestalten, sich einbringen“, schwärmt er. Eine Verwaltung sei weit mehr als der Ort für die Ausstellung eines Personalausweises. 2011 hat er das erste Mal als Dozent einen Seminarraum der HAWK betreten: „Ich war neugierig und wollte wissen, was sich eigentlich an der Hochschule tut, was ich von Absolventinnen und Absolventen erwarten kann und was nicht“, erzählt er von seiner Motivation, in seiner Freizeit maßgebliche Einblicke in den Verwaltungsapparat zu geben. „Wenn man schon lange in einem System verhaftet ist, ist es spannend, von anderen Blickwinkeln zu hören“, so Handermann, der seine Lehrtätigkeit durch den Umgang mit Studierenden als Bereicherung seines Berufsalltags sieht. Außerdem könne er so die Personalentwicklung direkt vor seiner Haustür positiv beeinflussen. Immer wieder würden sich Studierende bei ihm um ein Anerkennungspraktikum oder weitere Einblicke vor Ort in Höxter bewerben.

In seinen Seminaren behandelt Handermann neben grundsätzlichen Informationen zum Beispiel über die Strukturen einer Verwaltung und über den gesetzlichen Auftrag nach dem Sozialgesetzbuch 8 (Kinder- und Jugendhilfe) vor allem viele Beispiele aus der Praxis.Auch dem Thema Verwaltung an sich nähert sich Handermann gerne über die Tagespresse. Mit der Frage, welche Artikel mit Verwaltungsarbeit zu tun haben, weckt er das erste Interesse der Studierenden, sich genauer mit der Behörde und deren Aufgabenstellungen auseinander zu setzen. „Es gab in Höxter im vergangenen Jahr 52 kurzfristige Herausnahmen von Kindern aus den Herkunftsfamilien“, leitet er einen weiteren Themenschwerpunkt ein. Dann geht er genauer auf die Arbeitsabläufe bei Kindeswohlgefährdung und angeordneter Inobhutnahme ein. Neue Mitarbeiter/innen in diesem Bereich hätten immer eine angemessene Einarbeitungszeit. In dieser Zeit bekämen sie von einem Mentor Handlungsanleitungen und Handwerkszeug. „Wenn ein/e Fallverantwortliche/r fachlich und rechtlich sauber arbeitet, hat er/sie bei einer Klage nichts zu befürchten“, sagt Handermann denjenigen, die Sorge vor der Verantwortung in einem solchen Job haben. Personalführung, Steuerung und Controlling, aber auch Datenschutz sind Themenfelder, die an praktischen Beispielen unter aktiver Einbeziehung der Studierenden behandelt werden. „In unserem Bereich kommen wir um die Verwaltung gar nicht herum“, sagt Studentin Araththy Logeswaran. „Wenn wir Klienten oder Klientinnen betreuen, müssen wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen kennen“, sagt die 22-Jährige. Im Rahmen des Seminars erstellen die Studierenden auch Hausarbeiten. Die Themen legen sie gemeinsam mit dem Dozenten fest. HAWK-Studentin Helena Günther (21) beispielsweise interessiert sich für „etwas aus dem Bereich Datenschutz“. „Datenschutz im Allgemeinen Sozialen Dienst“, präzisiert Handermann das Thema für die zehnseitige Hausarbeit der Studentin. „Ein wirklich spannendes Thema“, sagt der 54-Jährige und verspricht bei der Literaturauswahl zur Seite zu stehen.

„Der Arbeitsbereich Verwaltung ist ein interessanter und sich ständig verändernder Bereich: Gesetze werden angepasst, fachliche Leitlinien verbessert, der Umgang mit öffentlichen Haushaltsgeldern wandelt sich: Was für junge Menschen von außen betrachtet vielleicht ein weniger spannendes Image hat, ist von innen gesehen auch ein Arbeitsfeld mit großen Gestaltungsbereichen für Soziale Arbeit“, beschreibt Dekanin Engel und freut sich darüber, dass sie aktive Praktiker zu ihrem Lehrpersonal zählen kann. So zum Beispiel auch Christian Au, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht: „Bei einem Vortrag über Hilfsmittelrecht sprach mich Professorin Engel an und bat mich, ab dem Sommersemester 2011 einen Lehrauftrag an der HAWK anzunehmen“, erinnert er sich an den ersten Kontakt mit der Hochschule. „Die Rechtsstudiengänge sind immer recht trocken, der Studiengang Soziale Arbeit in Holzminden hingegen sehr lebendig und dem Leben zugewandt“, beschreibt der Buxtehuder, der sich immer wieder darauf freut, mit den Studierenden über Praxisfälle und Rechtsprechungen aus seiner täglichen Arbeit zu diskutieren.

„Meine Vorträge dauerten bisher höchstens zwei Stunden. Blockseminare von 26 Stunden mit Inhalten zu füllen empfand ich als spannende Herausforderung“, erzählt er von seiner persönlichen Motivation. „Die Studierenden erhalten bei mir einen generellen Überblick über die Rechte ihrer Klienten und Klientinnen, die zuständigen Instanzen und Widerspruchsmöglichkeiten.“ Sein Wissen schöpft er unter anderem aus seiner fünfjährigen Mitarbeit bei einer gesetzlichen Krankenversicherung. Dort betreute er vorrangig Widerspruchs- und Gerichtsverfahren im Bereich der häuslichen Krankenpflege und der Pflegeversicherung. Außerdem spezialisierte er sich auf die Belange von Behinderten. „Einige Themen im Sozialrecht sind Spezialthemen, die immer wieder in aktuellen Gerichtsverfahren entschieden werden: So beispielsweise das Recht auf Rehabilitation und Pflegeversicherungsrecht und die Hilfsmittelversorgung für Menschen mit Behinderung. An dieser Stelle ist es für die Studierenden überaus wichtig, die aktuellen Diskussionen und Urteile zu kennen, um gut beraten zu können“, fasst Dekanin Engel zusammen. Deshalb sei die Fakultät Management, Soziale Arbeit, Bauen auch in ihrem Bereich Soziale Arbeit sehr stolz darauf, dass sie den Studierenden mit den Einblicken in die aktuelle Berufswelt weit mehr als die klassische Lehre bieten könne.

Foto: HAWK

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