Jürgen von der Lippe – Mit einem „URSCHREI“ Beverungen mal wieder im Griff!
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- Kategorie: Region Aktiv
- Veröffentlicht: Dienstag, 04. April 2017 09:41
Erst ertönt ein Urschrei, bevor der 65-jährige Ostwestfale die Bühne betritt und mit viel, viel Fantasie ein wenig an den Kinderhelden „Tarzan“ erinnert. Er erklärt, dass die Wissenschaft festgestellt habe, der Schrei solle wilde Tiere beruhigen. Vielleicht auch in Beverungen und wo sind diese? Sein aktuelles Programm „Wie soll ich sagen…?“ ist Grund der Gruppensitzung, mit Hauptanliegen des Bewahrens der deutschen Sprache vor dem Verfall.
Er veranschaulicht mit Hilfe von Beispielen diese „Schutz-These“, beispielsweise in Person von Heidi Klum. Jürgen von der Lippe findet: „Die ist interessant, weil sie immer so schön spricht.“ Schaut man ihn, das Model nachahmend, an, ist jedoch sofort klar, da schwingt pure Ironie mit.
Seine Erklärung kommt dann auch sofort. „Sie benutzt Plusquamperfekt und Präsenz in einem Satz!“, erklärt von der Lippe und lacht dabei verschmitzt ins Publikum.
„Sie werden sich nicht blamieren. Sie bereuen es, wenn Sie nicht mitmachen.“
Bereits da wohl wissend, dass die beiden Sitzgruppen, mitsamt den Flipcharts, für nicht immer ganz „freiwillige Gäste“ aus dem Publikum, zum Spiel um Wörter und Musik zu raten, bereitstehen. So kommt es, dass sich Burkard und Iris Maria und Volker im Wettstreit Oldies zu erraten gegenüber stehen. Auf dem Saxophon werden diese durch von der Lippe angespielt, zuerst der Schlager „Rote Lippen soll man küssen“ und dann das Schunkellied „An der Nordseeküste“.
Damit noch nicht genug des Angriffs auf die Lachmuskeln der Zuschauer. Mittels einfacher Kolben- und originellen Nasenflöten, dürfen die Spieler Lieder präsentieren, die vom Publikum aufzulösen sind. Natürlich kommt diese Kreativität an einfachen Dingen herrlich komisch an und der Unterhaltungsfaktor ist enorm. „Jetzt fragen Sie sich, warum bewegt den alten, dicken Mann das?“ Auf nichts hat der ehemalige Deutschlehrer eine schlichte Antwort parat.
Jürgen von der Lippe drängt sein Publikum zwischen den Zeilen zu lesen. Mit der Erklärung, dass es ihn aus seiner Liebe zur Sprache bewegt und dies die Essenz der Gruppentherapie sei. Er beschäftigt sich mit nervenden Vielrednern, automatischen Urinalen und tiefenpsychologischen Diätvorschlägen. Jürgen von der Lippe: „Ich bin ja ein sehr vorausschauender Mensch. Ich mache mir morgens schon Gedanken, was ich abends essen könnte.“
Ein Meister des geschliffenen Satzes bis zur Vollendung
Der zweifache Grimme-Preisträger macht keine übertriebene Show, sondern ließ an diesem vergnüglichen Abend einfach Worte in die Stadthalle, vor lauter Freude an der Sprache, ins Publikum purzeln. Er ist sich dessen bewusst, was er sagen will und wie dieses beim Publikum ankommen wird. Flachwitze bringt er anmutig und würdevoll rüber und gibt Ehegeheimnisse preis. „Meine Frau hat eine neue Creme.“ Sie meinte: „Wenn man sich damit die Oberschenkel einreibt, werden die dünner.“ Von der Lippe: „Da hätte ich noch gehen können.“ Jedoch sagte ich daraufhin: „Werden dann nicht auch die Finger dünner?“
Großartige Wortspiele in spitzer deutscher Sprache
Jürgen von der Lippe tritt ohne Hektik auf, denn „Älterwerden ist schön, man hat dann viel mehr Zeit“. Der Großmeister an Sprache redet langsam, gewählt, bedächtig. Immer wieder greift er in die Saiten der Gitarre, um als Udo Lindenberg, Peter Maffay und Herbert Grönemeyer das Publikum zum Lachen zu bringen. Abwechselnd präsentiert er weise Worte: „Unsere Sprache verrottet, der Brief darf nicht sterben“. Daraufhin verfasst er umgehend einen Brief an das Essen: „Ich vermisse dich“.
Wechselt nahtlos zu schlüpfrige Halbwahrheiten: „Wenn man sich in der Bikinizone rasiert und eine Woche wartet, hat man Wolfgang Thierse im Schlüpper.“ „Gruppentherapie“ mit von der Lippe - Aufstehen – Mitmachen – Singen Das Publikum erfreut sich an den Wortspielen des Jürgen von der Lippe, die er durchs Internet im Gebiet Friseur von „Verdammt lang Hair“, „Haarmonie“ und „Kopfgeldjäger“ ausfindig machte.
Das Publikum ist nach zweieinhalb Stunden von einer Sprachkrise meilenweit entfernt, dank der Gruppentherapiesitzung des Dozenten dieses Abends. Nach Zugaben geht es mit von der Lippes Liedern, aber erst recht mit einem drolligen Urschrei im Kopf nach Hause.
Foto: mk