Die App zeigt den freien Sitzplatz: HAWK-Studierende der Fakultät Gestaltung präsentieren Service Design-Ideen rund um die Reise
- Details
- Kategorie: Region Aktiv
- Veröffentlicht: Freitag, 15. April 2016 14:17
Holzminden (red). Es ist einer der großen sogenannten Painpoints bei der Bahn, einer der kritischen Momente, wenn der Zug eingefahren ist und die Fahrgäste einen der manchmal zu wenigen Sitzplätze im Waggon erhaschen wollen. Service Designer und Designerinnen analysieren genau solche Punkte, bei denen der Stresslevel der Kunden besonders groß ist und entwickeln Lösungen.
Ein ganzes Semester lang haben HAWK-Studierende der Fakultät Gestaltung jetzt das Thema Service Design bei Bahn- oder Flugreisen bearbeitet und dabei Kundinnen und Kunden sowie ihre Bedürfnisse unter die Lupe genommen. Unter verschiedenen Perspektiven wurden dabei Fahrkartenkauf und Entschädigung bei Verspätung, Reisen mit Kindern oder auch die Bahnreise mit Schulklassen untersucht.
Service Design ist ein großes, aber oft unterschätztes Thema
Service Design ist nach Prof. Holger Fricke (Design Management, Design Marketing) von der HAWK Fakultät Gestaltung, der zusammen mit Prof. Stefan Wölwer (Interaction Design) den Kurs leitete, ein großes, in Designkreisen aber nach wie vor eher unterschätztes Thema: „Wir haben in zwei Projekten mit insgesamt zwölf Gruppen sehr konkrete, umsetzungsnahe Konzepte erzielt, die teilweise sehr detailliert ausformuliert worden sind", so Fricke über die Projektkurse. Alle 36 Studierenden hätten dabei gezeigt, dass sie sich ein gutes Grundwissen über Service Design angeeignet haben, wie es funktioniert und wie sie selber in diesem Beruf bestehen können.
Agiles Arbeiten und Kundenorientierung mithilfe von neuen Innovationsmethoden, wie z. B. Design Thinking und Kunden Laboren, wird bei der Deutschen Bahn in verschiedensten Formen ausprobiert und umgesetzt, beschreibt Sarah Wöhler, Referentin für Marketing und Kommunikation bei der DB Regio AG. Im Mittelpunkt stehen dabei der Kunde und seine Bedürfnisse entlang der gesamten Mobilitätskette.Das sei auch der Grund für dieses gemeinsame Projekt. „Was mir sehr gut gefallen hat, waren vor allem der Aufwand, die große Mühe und Kreativität, die die Studierenden in die Projektarbeit gesteckt haben - und hatten dabei auch immer das Ziel vor Augen, sehr realitätsnah zu sein", lobte Wöhler die Projektergebnisse. Wöhler hörte bei allen Studierendenpräsentationen aufmerksam zu, fand die Ideen sehr gut und fragte oft nach.
Vorschläge von den Studierenden kamen zu den unterschiedlichsten Bereichen
Eine Gruppe hatte sich des Themas „Familienreise“ angenommen. Mit einer erzählerischen Animation verdeutlichte sie ihre Verbesserungsvorschläge: Kinder bekommen eine Kinderfahrkarte zum Ausmalen, aber auch ein farbiges Armband, auf dem Reiseroute und Kontaktmöglichkeiten gedruckt sind - sollte der Nachwuchs doch mal auf der Fahrt oder im Zug verloren gehen. „Die Recherche war definitiv schwer, weil wir eine Art Feldanalyse machen mussten, also wirklich rausgehen und Benutzer fragen“, erzählt Florian Schober, Grafik-Design-Student an der HAWK. Die Gruppe hat letztlich mehr als 50 Familien zu Problemen und Wünschen befragt und aufgrund ihrer Ergebnisse neue Services entwickelt.
Ein anderes Projekt kümmerte sich um den Bereich der Fahrgastrechte im Verspätungsfall: Hier gebe es einiges in punkto Schnelligkeit zu tun, folgerten die Studierenden und fanden ein gutes Beispiel in Großbritannien: Hier müssen Reisende mit Verspätung nur einen ganz geringen Aufwand leisten, um an ihre Entschädigung zu kommen. Daher entwickelten sie einen schnelleren Ablauf als Service Design, bei dem Kund/inn/en ihre Verspätungsentschädigung gleich nach Reiseende am Automaten bekommen. Ein weiteres Projekt zeigte Möglichkeiten ergänzender Anzeigen im Zug oder als App, um zum Beispiel beim Einsteigen gleich den Waggon mit noch real freien Sitzplätzen angezeigt zu bekommen. Dazu müssten die Waggons aber mit entsprechender Sensortechnik nachgerüstet werden.
Unterstützt wurden die Studierenden von zwei Lehrbeauftragten der Firma Indeed Innovation GmbH aus Hamburg. Stefan Freitag und Armin Kreiner-Norkunas zeigten den HAWK-Studierenden Methoden und Tools des Service Designs, erklärten die sogenannte User Journey und wie „Painpoints“ die Kund/inn/enzufriedenheit gefährden. Auf einen richtigen Favoriten unter den Studierendenprojekten mochte Armin Kreiner-Norkunas sich dabei nicht festlegen, zumal alle bei null angefangen hatten: „Die einen haben am Anfang einen großen Sprung gemacht, die anderen ein bisschen später, aber im Prinzip fand ich am Ende alle gut", lobte Kreiner-Norkunas die HAWK-Studierenden, „dieses persönliche Engagement hat mich dann am Ende immer wieder auf ihre Seite gebracht.“
Gespannt dürften die Studierenden, die ein positives Feedback für das Projektthema abgaben, auf eine mögliche Umsetzung ihrer Vorschläge sein, zum Beispiel bei der DB Regio: „Ich werde bei uns erst einmal die Ideen in der zentralen Marketingabteilung vorstellen, so dass man mit ihnen weiter denken kann", sagte Sarah Wöhler zu den vielen Vorschlägen, die sie am Ende mitnahm. Vielleicht würde ja später doch die eine oder andere Idee für die Kund/inn/en getestet.
Fotos: HAWK