Der Tag, der Schulgeschichte schreiben soll: Rot/Grün stimmt mit 21 zu 19 Stimmen geschlossen für ihr Schulkonzept und eine erste IGS im Landkreis
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- Kategorie: Politik
- Veröffentlicht: Dienstag, 09. Dezember 2014 00:18
Kreis Holzminden (haku). Sieht so der Bürgerwille aus? Mit nur einer knappen Mehrheit stimmte am Montagabend die Rot-Grüne Mehrheit im Kreistag für ihr eingebrachtes Schulkonzept. Zwar waren 21 dafür, doch auch stolze 19 Gegenstimmen gab es bei diesem so wichtigen Thema, welches viele Kreiseinwohner bewegt. Die symbolischen roten Karten der Homburg-Oberschüler aus Stadtoldendorf, die den Beschluss in letzter Stunde noch abwenden wollten, zeigten bei den Politikern nicht ihre erhoffte Wirkung. Der Tag wird somit in die Schulgeschichte des Landkreises eingehen, denn durch die Sparpolitik wird es nun vielerorts Einschneidungen geben – besonders wie befürchtet in Stadtoldendorf. Erfahren Sie hier Einzelheiten aus der Sitzung des Kreistages – am Dienstag folgt dazu noch ein umfangreicher Videobeitrag mit Stimmen der Kreistagsabgeordneten.
In der Einwohnerfragestunde gleichzu Beginn der Sitzung wurde das Konzept noch kritisch hinterfragt, doch schnell wurde klar, der Punkt bleibt auf der Tagesordnung. Timo Lutze, Schülersprecher der Homburg-Oberschule wollte wissen: „Wann kommen sie in unsere Schule und sprechen mit uns Schülern?“ Der Vorsitzende des Kreistages, Wilhelm Bußhoff (SPD), sagte daraufhin einen Besuch aller Schulen im Kreis im Januar zu. Die weitere Schwächung des Wirtschaftsstandortes Stadtoldendorf, die Kostenschätzungen des Landkreises zu Brandschutz und energetischer Sanierung der Homburg Oberschule wurden angezweifelt. In den Antworten von Verwaltung und Politik waren immer wieder die knappen Finanzen der Grund für die Entwicklung des Konzeptes, doch wurden zum wiederholten Male auch immer wieder Stimmen laut, die die Richtigkeit der im Schulkonzept enthaltenen Zahlen anzweifelten. Von Willi Paul aus Denkiehausen ging die Frage an die Kommunalpolitiker: „Wir stehen zum Landkreis Holzminden, aber steht der Landkreis auch zu uns?“, und Katrin Wiest als Elternvertreterin der Homburg-Oberschule wollte wissen, wie mit diesem Konzept eine Abwanderung in die Nachbarkreise gestoppt werden solle. Doch beide bekommen keine Antwort.
John Hix aus Stadtoldendorf fragte, ob eine IGS in Eschershausen-Stadtoldendorf weiterhin denkbar sei und bekam dazu vom Landwirtschaftsminister und Kreistagsabgeordneten Christian Meier (Grüne) die Antwort, dass er sich dies vorstellen könne, bei einem Meinungsumschwung darüber nochmal nachzudenken. Doch apropos Meinungsumschwung: Wer wurde zum Schulkonzept eigentlich gefragt? An den Eltern und Schülern ging das Thema vollständig vorbei. Selbst Politiker aus dem Stadtrat von Stadtoldendorf fühlen sich nicht mitgenommen, sogar Parteigenossen erwägen persönliche Konsequenzen, einen ersten offiziellen Austritt hat es mit Frank Lutze aus der SPD bereits gegeben. Auch Eberhard Asche (CDU) bedauerte, dass die eigentlich betroffenen, die Schüler und Eltern, gar nicht mitgenommen wurden: „Transparenz und Mitbestimmung sind dem Zeitdruck zum Opfer gefallen.“ Mit dem Antrag der CDU auf Einsetzung einer Kommission mit allen Beteiligten der Schulproblematik versuchte die Opposition noch einen gemeinsamen Nenner zu finden, doch sie scheiterte. Gerhard Halling (SPD) stellte schließlich das Schulkonzept vor, welches er selbst als zielgerichtet für alle Standorte bezeichnete. Es beruhe auf Kennzahlen, Schulgutachten, Unterhaltungskosten, Schülerzahlen und den Buchwerten der Gebäude, so Halling.
Hans-Dieter Steenbock (CDU) verwies nochmals darauf, dass an der Homburg Oberschule nur fünf Klassenräume leer stünden und wollte wissen, ob die knappen Finanzen des Landkreises auch die Personalpolitik oder nur die Schulpolitik bestimmen würden. Hermann Harling (SPD) will weiterhin mit den Schulen und Bürgern im Gespräch bleiben und sich mit den Situationen vor Ort auseinandersetzen. Von Peter Ruhwedel (Grüne) ist zu hören, dass er sich über den Brief von Johanna, einer Schülerin, gefreut habe: „Wir nehmen zur Kenntnis, dass die Homburg-Oberschule eine gute Schule ist“, doch er sagte auch weiter, „Es gibt aber überall im Landkreis gute Schulen.“ „Auch nach einem beschlossen Schulkonzept werden wir weiterhin in der Samtgemeinde Eschershausen-Stadtoldendorf nach sinnvollen Lösungen suchen“, heißt es weiter. Ausführlich meldete sich auch Stadtoldendorfs Bürgermeister Helmut Affelt (UWG) zu Wort: „Das Schulkonzept kann nicht ohne das Campe gelöst werden. Holzminden hat allein hier an der Liebigstraße 40 leerstehende Klassen. Ganz Stadtoldendorf ist in Aufruhr. Wir sind dabei, wenn es darum geht, Kosten in den Griff zu bekommen. Die Energiebilanz unserer Schule liegt unter dem Bundesdurchschnitt. Der Bereich der Förderschulen ist im Konzept noch gar nicht enthalten. Hier droht uns in Deensen eine weitere Schließung“. Gerd Ross (FDP) versuchte es dann noch mit einem Appell an alle: „Warum entzweien wir uns“, die Standortfrage müsse doch zu lösen sein, so der Politiker aus Hellental. Lutz Tekluck (CDU) erkundigte sich nach den Auswirkungen der Campe-Neubau Entscheidung. Landrätin Schürzeberg dazu: „Die Kommunalaufsicht hat uns bestätigt, dass der Kreistag allein über seine Finanzen entscheiden kann. Wir müssen aber die Gesamtsituation im Auge behalten“, so die Verwaltungsleiterin.
Bevor es letztlich zur Abstimmung kommt, nimmt auch Gerd Henke (Grüne) noch Stellung. Als Mitglied des Finanzausschusses liege sein Hauptaugenmerk auf den vielen gesetzlichen Verpflichtungen, die eingehalten werden müssten. Vielleicht wachse ja in der Samtgemeinde Eschershausen-Stadtoldendorf noch die Einsicht und man könne dort ein gymnasiales Angebot bieten, gibt er an. Obwohl noch weitere Wortmeldungen vorliegen, entscheidet der Kreistag sich dann schließlich zur Abstimmung. Mit allen 21 Stimmen der Rot/Grünen-Mehrheitsgruppe gegen 19 Stimmen der CDU, FDP und UWG wird das Schulkonzept letztendlich verabschiedet. In einer weiteren Beschlussvorlage wird die Errichtung der ersten Integrierten Gesamtschule im Landkreis am Standort Bodenwerder bei gleichzeitiger Aufhebung der Oberschule von der SPD/Grünen Gruppe vorgeschlagen. Auch dieser Beschluss wird nach nicht ganz so intensiver Diskussion knapp angenommen.
Fotos: haku