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Donnerstag, 18. Februar 2016 16:53 Uhr

Mehrheit ist gegen Verkehrsöffnung der Innenstadt – und dennoch könnte sie nun für den Verkehr freigegeben werden Mehrheit ist gegen Verkehrsöffnung der Innenstadt – und dennoch könnte sie nun für den Verkehr freigegebe


Stadtoldendorf (kp). Es war der mit Spannung erwartete Höhepunkt des am Mittwochabend einberufenen Bauausschusses in Stadtoldendorf: Die „Aufhebung der Fußgängerzone“. Über die Vorgeschichte wurde auf der Weser-Ith News bereits umfangreich berichtet, nun ist die Politik zu einem Ergebnis gekommen: Der Marktplatz, die Kellerstraße bis zu Höhe Baustraße sowie die Baustraße selbst sollen jetzt für den Fahrzeugverkehr geöffnet werden, um eine höhere Attraktivität der Innenstadt zu erreichen. So sieht es ein Antrag der CDU, der bereits aus dem Jahr 2013 stammt, vor und jetzt dem Verwaltungsausschuss vorgelegt wird.

Als Grundlage für den mit großem Interesse aus der Bevölkerung verfolgten Tagesordnungspunkt sollte also im Bauausschuss der Antrag der CDU dienen. Die Art der Verkehrsöffnung, auch in rechtlicher Hinsicht, ist in dem Antrag nicht eindeutig benannt und sollte im Zuge der Einwohnerbefragung im Rahmen der Bauausschusssitzung noch für Aufregung sorgen. Denn in der Begründung des vor knapp drei Jahren erstellten Antrages der CDU ist von einem ausdrücklichen Zuspruch der Anwohner für eine Öffnung des Innenstadtbereichs die Rede. Ein Eindruck, welcher sich während der Bürgerbefragung im Rahmen des Ausschusses am Abend allerdings nicht mehr bestätigen sollte.

Fast 50% Leerstand in der Fußgängerzone

Im Vorfeld der Bürgerbefragung stellte Stadtdirektor Wolfgang Anders die Leerstandsituation im Innenstadtbereich dar: „18 Gebäude stehen total leer und 24 werden gewerblich genutzt. Das bedeutet, dass wir in diesem Bereich einen fast 50-prozentigen Leerstand haben. So etwas macht einen entsprechenden Eindruck auf unsere Gäste. Und zwar nicht den besten.“ Anhand einer Karte der Innenstadt wurde mit roten und gelben Flächen erläutert, wie sich der derzeitige Leerstand genau verteilt. Mit einer Belebung der Fußgängerzone rechnet hier niemand mehr.

Vor diesem Hintergrund sollten nun während der Sitzung auch die Einwohner Stadtoldendorfs zu Wort kommen. Sie waren am Abend trotz langer Tagesordnung zahlreich erschienen und füllten die bereitgestellten Sitzplätze schon lange vor Sitzungsbeginn. Die Marschroute aus Richtung Politik und Verwaltung wurde deutlich zum Ausdruck gebracht. Dass es im Innenstadtbereich zu einer Belebung der gewerblichen Tätigkeiten komme, damit werde sowohl fraktions- als auch verwaltungsübergreifend nicht mehr gerechnet. Wenn also von einer Steigerung der Attraktivität und der Belebung dieses Bereiches gesprochen wird, soll es das Vorhaben bezeichnen, Baulücken zu schließen, Wohnungen und Häuser erfolgreich zu vermitteln und die noch existierenden Geschäfte und Ärzte unmittelbar mit dem Auto erreichen zu können.

Direkt betroffene Anwohner sind gegen eine Öffnung

Auffällig war vor allem, dass sich die direkt betroffenen Anwohner gegen eine Öffnung für den Fahrzeugverkehr aussprachen. Die Begründungen waren vielseitig. Einen sehr emotionalen Auftritt hatte eine Anwohnerin der Kellerstraße: Sie bemängelte die unzureichende Bezeichnung im Antrag der CDU. Es müsse klar dargelegt werden, welche Form der Öffnung vorgenommen werden solle. Die für die Anlieger bei einer Sanierung anfallenden Kosten würden immens von der Form der Verkehrsöffnung abhängen: „Wenn eine Spielstraße als Einbahnstraße errichtet werden soll, dann würden 25 Prozent Kostenbeteiligung für die Anlieger anfallen. Bei einem Durchgangsverkehr wären es bereits 70 Prozent. Klären sie also ab, welche Form der Öffnung sie wollen. Und die Stadt sollte die Straßen vor der Öffnung sanieren“, wird gefordert. Einige Straßen seien seit über 40 Jahren mit einem Verbundsteinpflaster bestückt, die Kellerstraße sei beispielsweise gar nicht für den Verkehr geeignet.

Die Bezeichnung Spielstraße ist umgangssprachlich und bezeichnet einen verkehrsberuhigten Bereich, in dem alle sich auf der Straße befindlichen Personen und Fahrzeuge gleichberechtigt sind. Sowohl Fußgänger dürften die Straße nicht ausschließlich für sich beanspruchen und das Fahrzeug an der Weiterfahrt hindern als auch der PKW-Fahrer, sich nur in Schritttempo bewegend, weder Fußgänger noch Kind gefährden darf. Stadtdirektor Wolfgang Anders bestätigte nachträglich, dass sich eine Öffnung für den Fahrzeugverkehr als einzige Alternative auf den verkehrsberuhigten Bereich beziehen würde. Zudem versicherte er, dass bei einer Öffnung zunächst keinerlei Kosten für irgendjemanden anfallen würden, sollte es sich um eine reine Öffnung des Innenstadtbereichs handeln.

Anwohner sehen Sicherheit in Gefahr

Andere Unmutsäußerungen bezogen sich aber auch auf die Sicherheit der Fußgänger. Paket- oder andere Lieferdienste würden bereits jetzt die Straßenverkehrsordnungen missachten und in einem „Affenzahn“ durch die Innenstadt jagen. Wenn dieser Bereich nun für alle Verkehrsteilnehmer freigegeben würde, sehen viele Anwohner, vor allem die älteren, ihre eigene Sicherheit in Gefahr. „Es sollte keinen Pfennig mehr in die Innenstadt gesteckt werden. Was heißt Bewegung reinbringen? Dann müssen auch noch die alten Leute dem Verkehr ausweichen“, beschwerte sich ein Anwohner der Teichtorstraße.

Ein weiterer Punkt, welcher anschließend vom Ausschussmitglied Silke Böker aufgegriffen wurde, bezieht sich auf die Eisdiele in der Innenstadt: „Die Attraktivität der Innenstadt durch eine Verkehrsöffnung zu steigern ist ein sehr subjektiver Ansatz“, entgegnete ein Besucher, „das Befahren der Fußgängerzone kann auch sehr unattraktiv werden, vor allem wenn ich an die dort ansässige Eisdiele denke.“ SPD-Ausschussmitglied Silke Böker befürchtet, dass durch die Öffnung und das Befahren dieser Wege die Existenz der Eisdiele zerstört werden könne. Viele Kunden würden ausbleiben, die sich dort gemütlich auf ein Eis zurückziehen wollen, um die Ruhe zu genießen und nun von fahrenden Autos gestört würden, „die einem womöglich noch über den Fuß fahren“. „Ein Schreckensszenario, welches unhaltbar ist“, entgegnete das FDP-Ausschussmitglied Thomas Bremer, „zumal die selben Betreiber in diesem Jahr eine weitere Filiale in Eschershausen an der Bundesstraße eröffnen wollen.“ Die Verkehrsbehinderungen in Stadtoldendorf müssten nun endlich aufgehoben werden.

Bernd Garthen (CDU) antwortete dem Unmut der Bevölkerung damit, dass nichts in Stein gemeißelt sei. Wenn sich die Öffnung der Fußgängerzone als Fehler herausstelle, könne die Entscheidung auch wieder rückgängig gemacht werden. „Wir müssen nun endlich mal anfangen etwas zu tun und nicht weiter rumlamentieren. Konzepte hatten wir vor Jahren schon zur Genüge. Jetzt gilt es, endlich tätig zu werden!“ Zumal die CDU-FDP-UWG Koalition noch einen Fahrradverkehr für den Innenstadtbereich etablieren möchte. Ein solcher Fahrradverkehr wäre laut Polizei und Verkehrsbehörde nur bei einer Öffnung der Fußgängerzone zulässig.

Der Antrag der CDU wurde anschließend mehrheitlich (fünf zu zwei Gegenstimmen) als Empfehlung für den in Kürze anstehenden Verwaltungsausschuss beschlossen. Ein endgültiger Beschluss, ob und wie eine Aufhebung der Fußgängerzone dann tatsächlich stattfinden wird, muss abschließend im Rat getroffen werden, welcher dann wieder in einem öffentlichen Rahmen einberufen wird. Bis dahin könnte sich also wieder einiges ändern.

Fotos: rus

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